Wien. . Das Publikum erwartet Tempofußball und spielerische Höhepunkte. Gemessen an diesen Kriterien, war der Auftritt in Österreich enttäuschend. Doch der Erfolg zeigt: Die deutsche Elf hat die alten Tugenden nicht verloren.
Früher galt es als deutsche Eigenart, dass die Nationalelf oftmals weder schön noch gut spielte, aber ebenso oft zumindest erfolgreich. Inzwischen aber ist das deutsche Fußball-Publikum verwöhnt, erwartet Tempofußball und spielerische Höhepunkte. Gemessen an diesen Kriterien, war der Auftritt am Freitag in Wien enttäuschend.
Aber andererseits zeigt der Erfolg auch: Die deutsche Nationalelf hat sich in jüngster Zeit fußballerisch entwickelt – ohne zur Not, wie am Freitag, die alten Tugenden zu verlieren. Sie kann auch solche weitgehend schmucklose, hart umkämpfte Partien mit einem Lucky Punch in letzter Minute gewinnen.
„Man kann sich das Glück auch verdienen“, hat Kapitän Philipp Lahm konstatiert. Man kann dies auch als zusätzliche Qualität begreifen. Denn keine Mannschaft der Welt, auch nicht die viel gerühmten Spanier, spielt jede Partie so, als sei sie der FC Barcelona (was nicht einmal Barca selbst schafft). Es gibt also wenig Grund, die deutsche Mannschaft unnötig zu zeihen. Die Truppe schleppt sich nach einer kräftezehrenden Saison ein wenig in die Sommerpause, doch die Statistik stimmt.
Das Beste daran: Nach dem zu erwartenden Sieg in Aserbaidschan am Dienstag und der damit de facto verbundenen EM-Qualifikation hat Bundestrainer Joachim Löw ein Jahr Zeit, sein Team spielerisch, personell fortzuentwickeln, es vorzubereiten auf das Duell mit den Spaniern. Denn der Welt- und Europameister ist der Maßstab, der EM-Titel 2012 der – zugegeben hohe – Anspruch, den Bundestrainer Joachim Löw selbst formuliert hat.
Löw hat ganz sicher erkannt, dass ihm noch einige offene Baustellen verbleiben. Die Besetzung der Innenverteidigung darf als offen gelten, nachdem der vormalige WM-Held Arne Friedrich erneut nicht überzeugen konnte. Mit dem zu erwartenden Wechsel von Philipp Lahm auf die linke Außenverteidiger-Position klafft rechts hinten eine Lücke, der über Jahre gesetzte Lukas Podolski verrät auf der linken Außenbahn derzeit einige Schwächen – und niemand weiß, ob das ewige Bankdrücker-Dasein nicht auch bei einem Miroslav Klose Spuren hinterlassen hat.
Löw aber darf beruhigt sein: Die EM-Mannschaft 2012 wird kein Abklatsch der WM-Elf 2010, die weitgehend konkurrenzlos auf Höchstleistung getrimmt werden musste. Die Bundesliga offeriert genügend Spielermaterial, um Alternativen aufzubauen und das Team durch die Konkurrenz-Situation nachhaltig zu verstärken. Die deutsche Elf anno 2012 wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stärker sein als die Elf 2010 – mit einem Plus an Erfahrung und zudem einer starken Ersatzbank.
Und dazu kommt dann bei der EM ja noch, na klar, der ewige Mythos der „Turniermannschaft“. Typisch deutsch eben. Schöne Aussichten.
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