Hamburg. Der FC St. Pauli wird nach dem abgebrochenen Skandalspiel gegen Schalke 04 mit einem Geisterspiel bestraft. Das kommende Heimspiel gegen Werder Bremen am 23. April muss St. Pauli unter Ausschluss der Öffentlichkeit bestreiten.
Das Abstiegsgespenst spukt beim FC St. Pauli bereits seit Monaten, nun muss der Kiezklub mit dem schweren Handicap eines "Geisterspiels" um den Klassenerhalt kämpfen. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bestrafte die Hamburger für die skandalösen Vorfälle im Heimspiel gegen Schalke 04 mit einer Partie unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Damit wird das eigentlich mit knapp 25.000 Zuschauern ausverkaufte Nordderby gegen Werder Bremen am 23. April (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) das erste Spiel der Bundesliga-Geschichte ohne Zuschauer.
Das Match gegen die Königsblauen aus Gelsenkirchen war in der 89. Minute beim Stande von 0:2 abgebrochen worden, weil ein Zuschauer Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner mit einem randvollen Hartplastik-Bierbecher im Nacken getroffen hatte. Schon am Dienstag war die Partie mit 2:0 für die Gäste gewertet worden. Schiffner (35) war an diesem Tag bereits wieder als Assistent von Felix Brych beim Champions-League-Viertelfinale zwischen Real Madrid und Tottenham Hotspur (4:0) im Einsatz.
Dennoch erfüllten sich die Hoffnungen der Hanseaten auf eine Geldstrafe ohne Geisterspiel nicht. "Die Verursachung eines Spielabbruchs stellt einen schweren Eingriff in das Spielgeschehen und den Wettbewerb dar und kann nur mit einer konsequenten Sanktion geahndet werden. Die Sanktion soll auch künftigen Rechtsverletzungen vorbeugen", erklärte der Vorsitzende Hans E. Lorenz zur Begründung.
Er fügte jedoch auch an: "Dem Sportgericht sind die Initiativen des FC St. Pauli bei der Förderung einer besonderen Fankultur bekannt. Diese werden durch das Urteil nicht in Frage gestellt." Der inzwischen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identifizierte Werfer wird sich mit Schadenersatzforderungen seitens der Hamburger auseinandersetzen müssen, zudem droht ihm ein mehrjähriges Stadionverbot.
Becherwurf und Fan-Proteste
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St.-Pauli-Trainer Holger Stanislawski reagierte fatalistisch auf die alles andere als unerwartete Hiobsbotschaft. "Das Leben besteht nun einmal auch aus Enttäuschungen und Nackenschlägen. Wir haben in diesem Verein schon ganz andere Situationen überstanden und werden jetzt noch enger zusammenrücken", erklärte der Coach, der auch sein Bedauern über die Situation der Fans ausdrückte: "Irgendwie werden sie gegen Bremen bei uns sein, es tut gut, das zu wissen."
Die Norddeutschen haben formell bis zum Montag kommender Woche Zeit, eine mündliche Verhandlung zu beantragen. Teammanager Christian Bönig kündigte jedoch eine Entscheidung darüber bereits für den Nachmittag an. Sollte man sich gegen einen Widerspruch entscheiden, wäre das Urteil rechtskräftig.
Liga-Boss Reinhard Rauball hatte in diesem Zusammenhang bereits zu Wochenbeginn für eine noch drastischere Bestrafung des Täters plädiert. "In diesem Fall sollte man ein Exempel statuieren und ein lebenslanges Stadionverbot aussprechen", sagte der Präsident des Bundesliga-Tabellenführers Borussia Dortmund.
Die rechtliche Grundlage für Regressansprüche gegen den Täter seien auf jeden Fall gegeben. "Der Verein ist in der Lage, jeden Schaden an den Verursacher weiterzugeben", sagte der renommierte Sportrechtler Christoph Schickhardt dem Internetportal Fussball.de: "Mit dem Kauf eines Tickets schließt der Käufer auch einen Vertrag ab, der Pflichten beinhaltet. Dazu gehört zum Beispiel auch, sich anständig zu verhalten. Wenn der Käufer diese Pflichten verletzt, kann er auf Schadenersatz verurteilt werden. Die Ersatzansprüche sind dabei unbegrenzt." (sid)
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