Göteborg. England ist bereits weiter und darf sich sogar eine Niederlage erlauben. Den Deutschen würde ein Unentschieden reichen. Am Montag gibt es in Halmstad (20.45 Uhr, live im Ticker) einen echten Fußball-Klassiker.

Der Fußball-Klassiker Deutschland gegen England übt auch bei der U-21-Europameisterschaft in Schweden einen besonderen Reiz aus. Am Montag geht es beim Duell in Halmstad mal wieder um alles.

Das asturische Hafenstädtchen Gijon weckt bei Fußball-Fans nicht wegen seiner Lage am Golf von Biscaya, den Sonnenuntergängen oder der Meeresbrise besondere Erinnerungen. Sondern wegen eines WM-Spiels. Wahlweise als Schande oder Nichtangriffspakt von Gijon fand das dortige Duell aus dem Jahr 1982 zwischen Deutschland und Österreich den Weg in die Fußball-Geschichtsbücher. Beide Mannschaften erspielten damals mit dem 1:0 präzise das Ergebnis, mit dem sie sich für die WM-Zwischenrunde qualifizierten. Weinender wie ausgeschiedener Dritter war Algerien. Das einzige Tor bei dem Ballgeschiebe, das den Unterhaltungswert eines Fernsehtestbilds hatte, erzielte ein Stürmer namens Horst Hrubesch.

Dieser Herr Hrubesch trainiert 27 Jahre später die deutsche U-21-Nationalmannschaft, die am Montagabend im letzten Gruppenspiel der EM im schwedischen Halmstad gegen England antritt. Die Ausgangssituation vor dem Spiel erinnert fatal an Gijon: England ist weiter, darf gar verlieren. Und den Deutschen reicht auf dem Weg zum ersten U-21-EM-Titel des DFB ein Unentschieden, um ins Halbfinale einzuziehen. Trotzdem zerstreut der Nichtangriffspakt-erfahrene Horst Hrubesch alle Sorgen, dass künftig eine „Schande von Halmstad” im Fußball-Lexikon steht: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass beim Duell Deutschland gegen England jemand abschenkt.” Seine Spieler stimmen ihrem Boss zu. Sie wollen als Gruppensieger ins Halbfinale einziehen und damit ihre Doppelzimmer im „Nääs Fa-briker”-Hotel im Dorf Tollered am Ufer des herrlich idyllisch gelegenen Sävelangen-Sees behalten. „Wir gehen nicht in ein Spiel, um unentschieden zu spielen” stellt Abwehrchef Benedikt Höwedes (21, Schalke 04) klar. „Deutschland gegen England ist ein Klassiker. Da geht es immer hitzig zu”, erinnert Dennis Aogo (22, Hamburger SV), der bei der Schande von Gijon noch nicht geboren war, an vergangene Spiele.

Hitzig könnte das ewige Duell auch dieses Mal wieder werden. Und genau da drohen unangenehme Folgen. Sieben deutsche Spieler sind verwarnt und wären nach der nächsten Gelben Karte gesperrt. „Aber in den Zweikämpfen zurückziehen darf niemand”, warnt Hrubesch.

Die Engländer sehen die Rivalität und die damit verbundene Spiel-Intensität ähnlich. Das Boulevard-Blatt „Sun” fährt zwar keine Panzer auf und zieht nicht U-21-Spielern in Uniformen Stahlhelme auf. Aber Trainer Stuart Pearce stellt klar: „Wir werden nicht vom Gaspedal gehen und wollen gewinnen.”

Trainer Pearce hat noch Rechnungen offen

Mit zwei Siegen in zwei Spielen haben sie sich bislang als stärkste Turniermannschaft präsentiert. Pearce konnte es sich im zweiten Spiel gar leisten, seinen Nachwuchs-Superstar Theo Walcott (FC Arsenal) lange auf der Bank schmoren zu lassen. Der Trainer der englischen U 21 könnte mit einem Sieg seiner Premier-League-erfahrenen Truppe mit Spielern wie Micah Richards, Mark Noble oder eben Walcott gegen den DFB-Nachwuchs eine persönliche Rechnung begleichen. Sowohl bei der WM 1990 als auch bei der EM 1996 scheiterte Pearce mit England im Halbfinale und im Elfmeterschießen an Deutschland.

Diesen deutschen Vorzeigewettbewerb wird es in Halm-stad auf keinen Fall geben, er ist in der Vorrunde nicht vorgesehen. Auch deshalb muss die Mannschaft von Horst Hrubesch besonders aufpassen. Würde England gewinnen und Gruppengegner Spanien deutlich Finnland schlagen, wäre das Turnier für die deutsche U 21 beendet. Statt der Schande wäre es die Pleite von Halmstad. DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, der zum Spiel anreist, und etwa sechs Millionen deutsche TV-Zuschauer wären „not amused”.