Schalkes Mittelfeld-Abräumer kehrt dem DFB den Rücken und spielt künftig für die Nationalelf der USA

Gelsenkirchen. Im Winter war Jermaine Jones in den USA. Er hat sich in Miami mit seinem Vater getroffen, was gar nicht so selbstverständlich ist. Jahrelang hatte Jones kaum Kontakt zu seinem Vater, einem ehemaligen GI, der in Deutschland stationiert war. Erst seit zwei Jahren ist das anders. „Es läuft richtig gut”, sagt Jones. Vielleicht hat der neue Draht zu seinem Vater ihm ein kleines bisschen bei der Entscheidung geholfen, die er jetzt gefällt hat: Schalkes Mittelfeld-Abräumer wird nie mehr für die deutsche Nationalelf spielen, sondern künftig für die USA auflaufen.

Viel mehr hat hat Jones' Entschluss natürlich damit zu tun, dass er sich von Bundestrainer Joachim Löw ungerecht behandelt fühlt. Und überzeugt davon ist, nicht in die Nationalelf zu passen: „Weil ich sage, was ich denke.”

Spätestens seit der Bundestrainer ihn nicht für die Asien-Reise nominiert hat, stand für ihn der Entschluss fest, die Seiten zu wechseln. Indianer Jones: Ab August darf und wird er für die USA spielen. Jones profitiert dabei von mehreren glücklichen Umständen: Er besitzt die deutsche und die amerikanische Staatsbürgerschaft, er hat im DFB-Team bei seinen drei Länderspiel-Einsätzen gegen Österreich, Weißrussland und England nur in Freundschaftsspielen auf dem Platz gestanden. Und die Fifa hat vor ein paar Tagen auf ihrem Kongress auf den Bahamas die Regel eingeführt, dass ab sofort Spieler über 21 die Nationalmannschaft wechseln dürfen – wenn sie noch kein Pflichtspiel in der A-Elf absolviert haben. Um Jones' Glück perfekt zu machen: Die USA sind in ihrer Qualifikationsgruppe für die WM 2010 aussichtsreicher Zweiter, und die ersten drei Teams sind in Südafrika dabei.

Damit winkt Jones ein Stammplatz bei der WM. Der war auf seiner Position im defensiven Mittelfeld in der DFB-Elf nicht drin. An Torsten Frings, Michael Ballack, Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger führt bei Joachim Löw kein Weg vorbei.

Das ist ein Fakt, an dem der Schalker zu knabbern hat, zumal er sich darüber beklagt, dass ihm der Trainer nie ins Gesicht gesagt habe, wo er stehe. Jones vermutet, dass er – tätowiert wie er ist, laut und direkt wie er sein kann – nicht ins gewünschte Bild passe.

„An meiner Leistung kann es nicht liegen”, sagt der 27 Jahre alte Schalker mit dem ihm eigenen Selbstbewusstsein. Jones, ohne den Vater im Frankfurter Problemstadtteil Bonames ausgewachsen, spricht statt dessen davon, dass der Großteil der Nationalspieler dem „Schwiegermutter-Typ” entspreche, dass niemand außer Ballack und Frings den Mund aufmache.

Einer wie die, sagt Jones, sei er auch. Auf Schalke trifft das zu, dort ist er anerkannt, gesetzt. Aber in der Nationalelf ist das anders. „Ich passe nicht in das Paket, das seit der WM 2006 gewünscht ist”, sagt er und meint damit: lieb und angepasst. Das alles musste jetzt raus, es hat lange in ihm gebrodelt, er hat sich „verschaukelt” gefühlt. Zumindest diese Sorgen ist er jetzt los.