Köln/Unterhaching. .

Keine vier Monate ist es her, dass Lewis Holtby und Andre Schürrle in der Mainzer Fanzone der deutschen WM-Elf zujubelten.

„Andre und ich standen da und sagten: Schau mal, der Thomas Müller, Wahnsinn. Der ist ja kaum älter als wir“, berichtete Holtby der FAZ.

Was seitdem passierte, muss den beiden vorkommen wie ein modernes Fußball-Märchen. Mit dem FSV Mainz 05 verzaubern sie nach dem Startrekord von sieben Siegen als Tabellenführer die Bundesliga, als „Bruchweg-Boys“ sind sie die neuen Lieblinge von Fans und Medien. Auch Bundestrainer Joachim Löw ist begeistert.

„Ganz nah“ seien die beiden ans A-Team gerückt, sagte Löw. Wahrscheinlich wird das Duo, das am Montag noch im Aufgebot der U21 gegen die Ukraine stand, für den Test am 17. November in Schweden nominiert. Dann hätten Holtby, dessen Verleih nach Mainz im Transfer-Chaos des Sommers möglicherweise der größte Fehler des Schalker Trainers Felix Magath war, und der künftige Leverkusener Schürrle in weniger als einem halben Jahr den Sprung vom Fan zum Nationalspieler geschafft.

Rosige Zukunft für die Nationalmannschaft

„Ich träume jeden Tag davon“, sagt Holtby. Dem Werben des englischen Verbandes erteilte der Sohn einer Deutschen und eines Engländers deshalb auch eine Absage. Als er mit 17 beim damaligen Zweitligisten Alemannia Aachen den Sprung ins Profiteam geschafft hatte, habe er auf der Verbands-Homepage dauernd geschaut, „wann ich endlich nominiert werde“, sagte er dfb.de. Als ihn Heiko Herrlich im Mai 2008 dann in die U18 berief, sei dies ein „magischer Moment“ gewesen. Und „als ich die Nationalhymne hörte, war die Sache für mich klar“.

Zwar stecke auch ein typischer Engländer in ihm, ergänzte Holtby schmunzelnd: „Ich liebe den englischen Humor. Ich bin ein absoluter Teetrinker und habe die englischen langen Ohren.“ Doch die Beziehung zu Deutschland ist beim gebürtigen Rheinländer ausgeprägter, außerdem sieht er beim DFB glänzende Perspektiven. „Die Zukunft des deutschen Fußballs sieht goldig aus“, sagt er: „Ich glaube, wir könnten eine zweite A-Nationalmannschaft bilden, und die wäre immer noch in den Top 20 der Welt.“

Holtbys Vorbild ist Bastian Schweinsteiger

Sein Vorbild ist aber nicht etwa der ein Jahr ältere WM-Torschützenkönig Müller, sondern Bastian Schweinsteiger. Er versuche, es „so hinzukriegen“ wie der Mittelfeldstar des FC Bayern, sagt Holtby: „Der war früher auch ein lustiger und verrückter Typ und ist heute ein reifer Spieler mit einer unglaublichen Präsenz auf dem Platz. Ich glaube, dass er für jeden jungen Spieler in Deutschland ein Vorbild ist.“

Auch Schürrle, der durch den Wechsel nach Leverkusen bald ein Zehn-Millionen-Mann sein wird, betrachtet seine Situation ausgesprochen ehrfürchtig. Ein A-Länderspiel zu bestreiten, stelle er sich „einfach unglaublich vor. Mit den besten Spielern Deutschlands gegen andere Länder anzutreten, das habe ich mir als Kind immer ausgemalt. Es ist der Traum eines jeden.“

Die Begeisterung und Unbeschwertheit sind auch die großen Stärken der Mainzer Boygroup-Leader. „Wir dürfen unsere Unbekümmertheit nicht verlieren“, betonte Schürrle. Und Holtby ergänzte: „Der Lewis wird sich nicht verändern. Ich bin immer noch der Junge aus dem kleinen Dorf im Westen.“

Einer, dem bald vielleicht seine Freunde in der Mainzer Fanzone zujubeln werden. (sid)