Berlin. .

Die deutsche Mannschaft feierte in Berlin einen 3:0-Sieg im wichtigsten EM-Qualifikations-Duell mit den Türken. Und Manuel Neuer wusste, dass er mal wieder seinen Beitrag geleistet hatte. Einen Beitrag, der sich wegen der dominanten Spielweise der Nationalmannschaft meist darauf beschränkt, keine Fehler zu machen, Ruhe auszustrahlen. Das allein ist ja schon schwierig genug, wie die Geschichte der einsamen Männer zwischen den Pfosten zeigt.

Vor der WM entbrannte ein heißer Kampf um den Status der Nummer 1. Schließlich kann es nur einen geben auf dieser fast mystischen Position, die strahlende Helden und verzweifelte Trottel hat entstehen lassen. Ein einziger kleiner Fehler, eine Unachtsamkeit und alles ist dahin. So ist es auf dieser Position. Und so bekam es zum Beispiel Rene Adler zu spüren.

Der Leverkusener, klar von Verstand und beschenkt mit großem Talent, war im Frühjahr von Bundestrainer Joachim Löw als Nationaltorwart auserkoren worden. Es folgten ungewöhnlich viele Fehler bis schließlich eine Verletzung seine WM-Teilnahme stoppte.

Wiese steht sich selbst im Weg

Bei Tim Wiese ist der Fall anders gelagert. Der Bremer stand sich stets selbst im Weg. Sein größtes Werk, das Champions-League-Spiel mit Werder bei Juventus Turin, zerstörte er in der letzten Minute mit einer absurden Rolle, bei der ihm der Ball aus den Händen und vor die Füße des einschussbereiten Gegners glitschte. Ein Sinnbild für sein Wirken bei der Nationalmannschaft, wo er immer dann zuverlässig Fehler beging, wenn sich Fußball-Deutschland gerade dem Gedanken zu öffnen schien, dass auch dieser Kerl mit der Frisur aus Fiberglas und der Hau-Drauf-Attitüde ein wirklich sehr guter Torwart wäre. Im Länderspielchen gegen Dänemark hielt er großartig – bis er in der letzten Minute an einem recht harmlosen Pass vorbeirutschte und den Ball vor die Füße des einschussbereiten Stürmers bugsierte.

Das Trikot mit dem Bundesadler auf der Brust und der 1 auf dem Rücken wiegt offenbar schwer. Doch Manuel Neuer trägt es mit größter Gelassenheit. Ein paar Wochen vor der WM wurde er zur Nummer 1 ernannt. An den Fußball-Stammtischen fragte man sich, ob das gut gehen würde: dieser junge Kerl, kaum Erfahrung im Nationaltrikot und dann gleich die WM?

Neuer auf Jahre die Nummer 1

Doch sein neuer Status schien ihn fortan eher zu beflügeln statt zu belasten. Neuer macht seither keine Fehler. Gegen Aserbaidschan griff er bei einer Ecke daneben, zugegeben, aber da stand es schon 4:0. Aber wenn ihn seine Vorderleute brauchen, dann ist er da, zuverlässig wie ein guter Freund. So wie gegen die Türkei, als plötzlich Halil Altintop den Treffer auf dem Fuß hatte. Neuer hielt. Es wäre der Ausgleich gewesen. Das ist ja gerade seine große Kunst, dass er nicht erst warmgeschossen werden muss, dass er nicht erst im Verlaufe eines Spiels zu einer unüberwindbaren Hürde wächst, sondern es scheinbar vom ersten bis zum letzten Moment schon ist.

„Ein guter Torwart denkt nicht groß, er antizipiert die Situation, er ist da, wo der Ball ist, und holt ihn sich. Es ist ein Automatismus“, hat Neuer mal gesagt. Neuer beherrscht das fast in Perfektion. Meist ist er längst da, wo der Ball gleich erst sein wird. Flanken pflückt er sicher aus der Luft, für Weitschüsse muss er sich meist nicht einmal auf den Boden werfen. Gelassen lässt er alles an sich abprallen.

Manuel Neuer ist 24 Jahre alt. Und wenn es stimmt, was man über Torhüter sagt, dass sie die Erfahrung der Jahre besser macht, dann wird er lange die Nummer 1 bleiben.