Hamburg. .
Aufsteiger FC St. Pauli und der Hamburger SV bemühen sich im Vorfeld des Lokalderbys um ein emotionales, aber stets von gegenseitigem Respekt geprägtes Verhältnis der Fans aus beiden Lagern.
Gesunde Rivalität statt Feindseligkeit, gemeinsame Appelle statt gegenseitiger Giftpfeile und leidenschaftlicher Sport statt stumpfer Gewalt: Mit einem demonstrativen Schulterschluss haben sich die Stadtrivalen FC St. Pauli und Hamburger SV für ein friedliches Derby am Sonntag (15.30 Uhr/live im DerWesten-Ticker) stark gemacht. Zwei Tage vor ihrem ersten Bundesligaduell seit achteinhalb Jahren machten die Klubs noch einmal deutlich, dass für Hass und Brutalität rund um das Spiel im Millerntor-Stadion kein Platz ist.
„Ich gehe davon aus, dass es auf dem Platz fair zugeht und außerhalb des Stadions ruhig bleibt“, sagte St. Pauli-Coach Holger Stanislawski vor dem insgesamt 15. Aufeinandertreffen beider Klubs seit der Bundesliga-Gründung. Die in der Hansestadt seit Tagen spürbare Vorfreude auf das Lokalderby teilen auch die Trainer und Spieler beider Lager. „Es ist schon deshalb ein besonderes Spiel, weil es über Jahre kein Derby zwischen den Vereinen gegeben hat. Wir freuen uns riesig auf dieses interessante Duell“, erklärte HSV-Coach Armin Veh.
Erstmals überhaupt in der Bundesliga-Geschichte treffen die Lokalrivalen dabei am Millerntor aufeinander. In den vergangenen Jahrzehnten war mach auch Kapazitäts- und Sicherheitsgründen stets in größere HSV-Stadion im Hamburger Volkspark ausgewichen. „Dieses Derby im eigenen Stadion haben wir uns in den letzten Jahren hart erarbeitet. Wir werden dieses Spiel genießen“, kündigte Stanislawski an.
Beim letzten Aufeinandertreffen am 19. April 2002 stand der heutige Trainer noch als Spieler für den Kiezklub auf dem Platz. Damals leutete eine 0:4-Pleite St. Paulis Abstieg in die zweite Liga ein, dem insgesamt acht Jahre in der Zweit- und Drittklassigkeit folgten. „Der Schwachpunkt der damaligen Niederlage ist ja inzwischen auf die Trainerbank verbannt. Ich hoffe, dass es meine Jungs diesmal besser machen als ich damals“, sagte der frühere Abwehrspieler mit einem Augenzwinkern.
In Erinnerung ist aber auch noch der einzige Sieg des kleinen Stadtteilklubs über den großen HSV am 3. September 1977. Damals gewann der Underdog sensationell mit 2:0. Auch diesmal wäre ein Sieg St. Paulis eine Überraschung. HSV-Keeper Frank Rost will daran keinen Gedanken verschwenden: „Es ist ja kein Freundschaftsspiel, deshalb ist es wichtig, dass wir drei Punkte mitnehmen. Wir haben als HSV sicher mehr zu verlieren. Eine Niederlage im Stadtderby hängt einem ein halbes Jahr nach. Das sollten wir uns ersparen.“
HSV-Kapitän Heiko Westermann, der abenso wie Rost aus seiner Schalker Zeit mit den Revier-Duellen gegen Borussia Dortmund schon reichlich Derby-Erfahrung gesammelt hat, gibt sich ebenfalls selbstbewusst: „Fußballerisch kann uns St. Pauli nicht das Wasser reichen. Aber die werden 120 Prozent geben - und wir müssen den Kampf annehmen.“
Damit es beim sportlichen Kampf auf dem Rasen bleibt, sind die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Stadion noch einmal verstärkt worden. Denn da nur 2100 der knapp 25.000 Karten an die Gäste-Fans gingen, werden mehrere Tausend HSV-Anhänger auf dem Kiez erwartet, um dort das Spiel vor den Fernsehschirmen in Gaststätten zu verfolgen. Dort lauert zusätzliches Konfliktpotential.
Stanislawski: „99 Prozent der Leute sind friedlich“
„99 Prozent der Leute sind friedlich und freuen sich auf dieses Spiel, aber ein Prozent ist auf Gewalt aus. Diese Personen sollte man nicht wichtiger machen als sie sind“, sagt Stanislawski. HSV-Nationalspieler Marcell Jansen appelliert dennoch an die Fans: „Haut euch nicht die Köpfe ein. Es geht um gesunde Rivalität, nicht um Hass.“
Erst vor vier Wochen machten Gewalttäter aus dem Umfeld des HSV deutlich, wie trügerisch die Hoffnung auf ein friedliches Derby sein kann: Ein Dutzend polizeibekannter Hooligans hatte dabei eine Handvoll St. Pauli-Fans nach deren Rückkehr vom Auswärtsspiel in Freiburg nachts am Bahnhof Hamburg-Altona teilweise krankenhausreif geschlagen. Die Sicherheitsbehörden hatten daraufhin ihre Einsatzpläne nochmals verschärft.
Doch die überwiegende Masse freut sich auf die Partie. „Man spürt förmlich, dass die ganze Stadt voller Vorfreude ist. Es scheint ja nur noch ein Thema in der Stadt zu geben“, so Stanislawski. Es wurde einfach Zeit, wieder so ein Derby zu haben.“