Köln. .
Vor der EM-Qualifikation gegen Deutschland glaubt Aserbaidschans Nationalcoach Berti Vogts nicht an eine Überraschung seines Teams, sondern träumt von einem großen Karriereschritt.
Berti Vogts hat große Ziele. Der ehemalige Bundestrainer will in seiner Karriere noch einmal einen ganz großen Schritt wagen. „Mein Traum wäre es, einmal in den USA oder in der Premier League zu arbeiten“, sagte der 63-Jährige im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Ob und wann es so weit kommt, kann der 96-malige Nationalspieler nicht sagen, zudem fühlt er sich derzeit als Nationaltrainer von Aserbaidschan auch wohl und ausgelastet.
Bereits seit Anfang vergangener Woche bereitet Vogts sein Team in Deutschland auf das EM-Qualifikationsspiel am Dienstag in Köln (20.45 Uhr/ARD live) gegen seine frühere Mannschaft vor, die er 1996 in England zum EM-Titel geführt hatte. „Damit sich die Spieler an die Bedingungen gewöhnen können. Wir haben nicht so schnelle Rasenspielflächen, die zudem noch gewässert werden. Sie müssen sich auch an Stollenschuhe gewöhnen, weil sie im Sommer nur Nockenschuhe gewohnt sind und im Winter auf Kunstrasen spielen. Das sind alles Kleinigkeiten, auf die man achten muss“, erklärte Vogts.
Vogts erwartet keine Überraschung
Seiner Mannschaft traut er trotz der intensiven Vorbereitung keine Überraschung zu. „In Ruslan Abischow und Wolodomir Lewin fehlen mir zwei ganz wichtige Defensivkräfte, die kurzfristig ausgefallen sind. Zudem fehlt unser bester Stürmer. Da können wir nicht viel ausrichten“, sagte Vogts. Für den ehemaligen Nationalspieler steht der Lerneffekt im Vordergrund. „Für mich ist wichtig, dass die Spieler anschließend aus dem Spiel ihre Lehren ziehen und sich fragen: Was fehlt mir noch? Wie kann ich mich verbessern? Deshalb ist dieses Spiel eine kostenlose Fortbildung, für die man normalerweise viel Geld bezahlen müsste“, sagte der Weltmeister von 1974, der dennoch verspricht: „Wir werden aber das Beste daraus machen und so lange laufen, wie die Füße uns tragen.“
Den 1:0-Auftakterfolg der DFB-Auswahl in Belgien hat Vogts „nur mit einem Auge“ verfolgt, weil am selben Abend der 70. Geburtstag des Mannschaftsarztes auf dem Programm stand. Was er gesehen hat, fand er aber imponierend: „Die deutsche Mannschaft hat zeitweise schon an ihre WM-Leistungen angeknüpft und das Spiel souverän gewonnen.“ Deshalb ist Vogts sich sicher, dass der WM-Dritte auch ganz souverän die Qualifikation für die EURO 2012 in Polen und der Ukraine schafft. „Für Deutschland bedeuten diese drei Punkte fast schon den Gruppensieg. Denn die junge belgische Mannschaft schätze ich in unserer Gruppe als die beste Mannschaft hinter Deutschland ein. Ich glaube nicht, dass die Türkei in Belgien gewinnen wird“, sagte er.
Dass seine Mannschaft wie schon in der WM-Qualifikation den einen oder anderen größeren Gegner ärgern kann, wie zum Beispiel die Russen beim 1:1 am Kaspischen Meer, glaubt er aufgrund der vielen Ausfälle nicht, dennoch gefällt ihm der Job nach wie vor. „Die Arbeit macht mir Spaß, sonst hätte ich nicht verlängert. Ich sehe mich aber weniger als Trainer, sondern mehr als Entwicklungshelfer. Erst jetzt sind Regional-Verbände gegründet worden, für die wir die Trainer noch ausbilden müssen. Das ist eine spannende Aufgabe. Wir werden aber noch vier, fünf Jahre brauchen, um Anschluss ans europäische Mittelmaß zu finden. Schneller wird das nicht gehen“, sagte Vogts, der bei den einzigen beiden Duellen der DFB-Auswahl gegen Aserbaidschan in der WM-Quali als Gästecoach auf der Bank gesessen hat. Aber obwohl sich sein Team beim 0:2 in Baku und beim 0:4 in Hannover achtbar aus der Affäre gezogen hatte, ist der Stellenwert des Fußballs in Aserbaidschan nicht gestiegen.
Fußball als Randsportart
„Fußball ist nach wie vor eine Randsportart. Die Sportart Nummer eins in Aserbaidschan ist Schach. Garri Kasparow ist schließlich Aserbaidschaner. Danach kommen Ringen und Gewichtheben“, sagte Vogts. Für Profis sei das Land mittlerweile aber dennoch interessant geworden: „Im Fußball werden mittlerweile sehr hohe Gehälter bezahlt, da es viele reiche Leute gibt, die sich als Hobby einen Klub leisten. Mittlerweile steht ja sogar ein Emile Mpenza in Baku unter Vertrag. Da kann sich jeder vorstellen, was dort zu verdienen ist.“
Er selbst weiß noch nicht genau, wie lange er noch für Aserbaidschan arbeiten wird. „So lange, wie ich Lust habe, dort zu arbeiten. Es geht ja nicht ums Geldverdienen“, sagte er. Anschließend könnten die Premier League oder die USA ja kommen. (sid)