Frankfurt. .

Auch wenn Joachim Löw seinen Kapitän erst Anfang September benennen will, lassen die jüngsten Aussagen des Bundestrainers vermuten, dass Philipp Lahm die besseren Karten als Michael Ballack hat.

Just als Michael Ballack am Sonntag bei seinem Testspiel-Debüt für Bayer Leverkusen sein neues Team ausgerechnet als Kapitän auf den Platz führte, goss Bundestrainer Joachim Löw in der K-Frage neues Öl ins Feuer. Nach Teammanager Oliver Bierhoff erklärte nun auch Löw, dass Ballack sicher auch ohne Kapitänsbinde bis zur EM 2012 in Polen und der Ukraine weiter in der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) spielen wird. Es scheint, als sei die Entscheidung bereits für WM-Kapitän Philipp Lahm gefallen.

„Egal wie meine Entscheidung ausfällt - die EM wird er sich nicht entgehen lassen. Da bin ich mir ganz sicher“, sagte Löw über Ballack im Interview mit dem Express. Bevor der 50-Jährige seine Entscheidung in der K-Frage Anfang September bekanntgibt, will er aber zunächst mit Ballack und Lahm persönlich sprechen: „Danach werde ich mit der Mannschaft sprechen und ihr die Entscheidung bekanntgeben. Erst dann äußere ich mich in der Öffentlichkeit. Aber Sie können mir glauben: Ich weiß, was zu tun ist.“

Ballack irritiert über Bierhoffs Aussagen

Bundestrainer Joachim Löw (l.) und Teammanager Oliver Bierhoff. Foto: Getty
Bundestrainer Joachim Löw (l.) und Teammanager Oliver Bierhoff. Foto: Getty

Damit stieß Löw am Sonntag in die gleiche Kerbe wie Bierhoff. Auch der Teammanager hatte zuletzt zum Thema Ballack erklärt: „Er steht unmittelbar vor seinem 100. Länderspiel und will noch eine starke EM spielen. Ich glaube, das wird er nicht davon abhängig machen, ob er Kapitän bleibt“, sagte Bierhoff und fügte hinzu: „Manchmal ist es sogar gut, dieses Amt nicht zu haben, um sich ganz auf die eigene Leistung konzentrieren zu können, frei von ständigen Diskussionen.“

Daraufhin hatte Ballack, der am Sonntag beim eigens für ihn angesetzten Test gegen den Drittligisten SV Wehen Wiesbaden (4:0) nicht nur wegen einer Torvorlage ein überzeugendes Debüt für Bayer Leverkusen gab, heftige Kritik an Bierhoff geübt. „Ich weiß nicht, was die Spekulationen vom Manager sollen. Der Bundestrainer hat mir versichert, dass ich mir überhaupt keine Sorgen machen müsse und ganz entspannt bleiben solle“, hatte Ballack im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) gesagt.

Löw hat neue Zeitrechnung ausgerufen

Deshalb dürften dem noch aktuellen DFB-Kapitän die Aussagen von Löw ebenfalls bitter aufstoßen. „Ich habe die Aussagen des Bundestrainers zur Kenntnis genommen“, meinte Ballack nach seinem Comeback am Sonntag vielsagend. Sollte Löw Ballack tatsächlich die Binde abnehmen, ist ein sofortiger Rücktritt des 33 Jahre alten Mittelfeldspielers wahrscheinlich. „Darum geht es doch gar nicht. Personelle Dinge werden mir einfach zu emotional diskutiert und hochgepusht“, sagte Bundestrainer Löw, der bei der Nationalteam zudem vor dem ersten EM-Qualifikationsspiel in Belgien am 3. September eine neue Zeitrechnung ausrief.

Eine neue Zeitrechnung begann am Sonntag auch für Ballack. Rund drei Monate nach seiner schweren Verletzung lief der DFB-Kapitän a.D. erstmals für seinen alten neuen Klub Leverkusen auf - und zwar als Spielführer, da der etatmäßige Kapitän Simon Rolfes noch nicht mitwirken konnte. Ballack überzeugte gegen den Drittligisten über weite Strecken. Dennoch wird der 98-malige Nationalspieler zunächst wohl nicht über die Rolle des Ergänzungsspielers hinauskommen. „Michael hat nach seiner Verletzung im Bereich des Möglichen agiert. In den kommenden Wochen wollen wir ihn über Kurzeinsätze zurück in die Normalität führen“, sagte Trainer Jupp Heynckes.

Beckenbauer für Ballack

Keinen Zweifel an Ballack, der voraussichtlich am Donnerstag in der Playoff-Runde der Europa League gegen Tavrija Simferopol sein erstes Plichtspiel für Bayer absolviert, hat auch Franz Beckenbauer. „Ich halte die Kapitäns-Diskussion für überzogen und letztlich auch für überflüssig. Denn wir haben schließlich einen Kapitän. Er ist ja in den vergangenen drei Monaten kaum ein schlechterer Fußballer geworden. Warum sollte man ihm die Spielführerbinde wegnehmen?“, schrieb der Ehrenpräsident von Bayern München in seiner Kolumne in der Bild-Zeitung: „Wenn Ballack fit ist und für Deutschland spielt, ist er für mich Kapitän.“

Die Diskussion überhaupt ins Rollen gebracht hatte Lahm, der in Vertretung des verletzten Spielführers Ballack bei der erfolgreichen WM in Südafrika das Kapitänsamt inne hatte. Der 26-Jährige sagte vor dem Halbfinale Deutschlands gegen Spanien, dass er dies auch gerne weiter tun würde. Lahm äußerte seinen Wunsch zum wiederholten Mal. „Es ist eine große Ehre, sein Land zu vertreten. Mit diesem Gefühl habe ich die Binde auch bei der Weltmeisterschaft getragen. Ich übernehme gerne Verantwortung“, sagte der Außenverteidiger, dessen Chancen täglich zu wachsen scheinen. (sid)