Port Elizabeth. .
Er spielte ein Turnier „für die Ewigkeit“ und wurde am Ende sogar WM-Torschützenkönig, und bester Nachwuchsspieler der WM. Doch nach einem unglaublichen Jahr hat Thomas Müller erst einmal die Nase voll vom Fußball. „Das war der Wahnsinn.“
„Ich werde jetzt ein paar Wochen lang keinen Ball anrühren, sondern mich nur auf die faule Haut legen“, sagte der Senkrechtstarter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach dem 3:2 (1:1) im Spiel um Platz drei gegen Uruguay.
Dann zeigte sich wieder, wie lässig und abgezockt dieser Thomas Müller auch abseits des Spielfeldes ist. „Wenn man dieses Turnier Revue passieren lässt, kann ich ja einigermaßen zufrieden sein. Aber ich verbessere mich ja noch“, sagte der 20-Jährige - und meinte das trotz seines rasanten Aufstiegs auch noch ernst.
Aber, immerhin, auch ein Müller lässt sich hin und wieder aus der Fassung bringen: „Ich muss zugeben, vor der WM hätte ich gesagt: Fünf Tore? Ihr spinnt doch alle.“ In der Tat eine große Leistung, die am Montag höchstwahrscheinlich mit der Auszeichnung zum besten Nachwuchsspieler der WM 2010 in Südafrika gekrönt wird. In der Torschützenlisten gab er David Villa (Spanien), Wesley Sneijder (Niederlande) und Diego Forlan (Uruguay) das Nachsehen, die alle ebenfalls fünfmal erfolgreich waren.
Aber für Müller entschieden seine drei Torvorlagen. Der Münchner wurde Nachfolger seines Bayern-Teamkollegen Miroslav Klose, der vor vier Jahren WM-Torschützenkönig mit fünf Treffern geworden war. Außerdem war „Bomber“ Gerd Müller 1970 in Mexiko (10 Tore) treffsicherster WM-Schütze gewesen.
Und solch eine Ehre gehört natürlich dokumentiert, deshalb wollte Thomas Müller kein Trikot von Uruguays Stars Diego Forlan oder Luis Suarez. Er wollte lieber sein eigenes behalten. „Müller, du alter Fuchs“, rief Per Mertesacker ihm in den Katakomben zu, nachdem er das Hemd in die Kabine „gerettet“ hatte.
Aus Pähl am Ammersee ins Champions-League-Finale, aus der dritten Liga zum WM-Star - irgendwie hingen die gesamten letzten zwölf Monate von Thomas Müller in diesem Trikot. Und natürlich sein fünftes Tor bei seiner ersten WM, das haben ganz wenige geschafft. Aber, und auch das zeichnet Müller aus - er will mehr. „Trost, was heißt Trost? Wir sind nicht Weltmeister geworden, also müssen wir gleich noch einmal besser werden. Wir wollen den Titel“, sagte er.
Einen wird Thomas Müller definitiv abräumen. Den Bayern-Spieler nicht zum besten jungen Spieler der WM zu küren, das wäre fast schon unverschämt. Die Konkurrenten sind Giovani dos Santos (Mexiko, kein Tor, im Achtelfinale ausgeschieden) und Andre Ayew (Ghana, kein Tor, Viertelfinal-Aus). „Diese Auszeichnung würde mir für die Ewigkeit bleiben. Das wäre eine perfekte Erinnerung an ein schönes Turnier“, sagte Müller. „Zudem ist es natürlich eine große Ehre, in einer Reihe mit Franz Beckenbauer, Pele und Michael Owen genannt zu werden. Ich bin stolz.“
Klose hat den großen Pele sogar schon überflügelt. Zumindest, was die Anzahl der WM-Tore angeht. Aber am Samstag saß der deutsche Torjäger mit Rückenbeschwerden auf der Bank und musste traurig mitansehen, wie andere die Treffer erzielten, die ihn zur Nummer eins in der WM-Geschichte erhoben hätten. Auch an den Feierlichkeiten auf einer Bühne im strömenden Regen wollte er sich in Port Elizabeth nicht so recht beteiligen. Es bleibt bei 14 WM-Toren, eines weniger als Rekordhalter Ronaldo aus Brasilien. Eine neue Chance wird nicht kommen. 2014 wäre Klose 36 Jahre alt.
Müller dagegen war zum Feiern aufgelegt und kann noch locker drei Weltmeisterschaften spielen. Ein Lob vom Bundespräsidenten Christian Wulff, eine herzliche Umarmung von DFB-Präsident Theo Zwanziger, dann führte er die Mannschaft auch beim Jubeln an. Fünf Tore bei der ersten WM - wenn man an Klose denkt, muss man sagen: Nur noch neun...
Aber erst mal sucht Thomas Müller die Ruhe. Faulenzen ist angesagt. Das kann er sich auch erlauben. „Mit dem Gewicht habe ich ja zum Glück keine Probleme“, sagte er und verschwand. Zumindest für ein paar Wochen. (sid)