Dortmund. Wie weit darf Schadenfreude gehen? Eine Frage, die nach einem Wahltag und erst Recht nach einem brisanten Fußball-Derby hochaktuell ist.
Sie zu genießen, sei teuflisch, hat der Philosoph Arthur Schopenhauer gesagt. Im Wissen, dass es eine zutiefst menschliche – mit viel Gerechtigkeitssinn verbundene – Reaktion ist, jemandem, der eine große Lippe riskiert hat, einen Denkzettel zu gönnen.
Wer sich heute etwa darüber aufregt, dass Schalker Spieler provokant vor der Dortmunder Fan-Kurve gejubelt haben, sollte sich daran erinnern, was sich an gleicher Stelle vor zwei Jahren abgespielt hat. Damals waren die BVB-Profis nach dem für sie – tabellarisch – bedeutungslosen, für Schalke jedoch schicksalhaften 2:0 auf die Zäune geklettert und hatten angesichts des deprimierten Gegners so ekstatisch gefeiert, als wären sie Meister geworden.
Die Schalker Jubeltänze nach dem 1:0 am Samstag dürfen folglich auch als Genugtuung für die Schmerzen gesehen werden, die ihnen seinerzeit der Revier-Rivale zugefügt hatte, als er ihren Titeltraum zerstörte. Die Bitternis der verpassten Chance dürfte so groß gewesen sein, dass die als Deppen verspotteten S04-Kicker damals vermutlich gar nicht mehr die Kraft gehabt hatten, polemisch zurückzuschlagen. Man könnte allerdings auch sagen, sie hätten sich als gute Verlierer erwiesen. Was sich diesmal von den BVB-Spielern nicht unbedingt sagen lässt.
Auf der anderen Seite räumte selbst Felix Magath ein, dass sich seine Spieler mindestens „ungeschickt” verhalten hätten, als sie sich mit breiter Brust ausgerechnet vor der „gelben Wand” in Siegerpose präsentierten. Unterm Strich jedoch bleibt festzuhalten, dass es sich um eher harmlose Scharmützel handelte – gemessen an den Befürchtungen, die manche Sicherheitskräfte vor dem Derby geäußert hatten.
Von Fußballern wie Fans zu verlangen, sich unentwegt unter Kontrolle zu haben, hieße schließlich, dem Sport seine Emotionen zu nehmen, von denen er lebt. Schadenfreude gehört dazu. Diejenigen jedoch, die sie für die schönste Freude halten, haben offenbar wahre Freude noch nicht kennengelernt.