Essen. Der FC Chelsea gibt in einer Saison mehr für neue Spieler aus als die Bundesliga. Das zeigt: Die Finanzregeln funktionieren nicht. Ein Kommentar.

Die Zahlen sind irre, man kann es nicht anders sagen: 328,5 Millionen Euro hat der FC Chelsea im Winter für neue Spieler ausgegeben, über 600 in der gesamten Spielzeit 2022/23 - und damit mehr als die komplette Bundesliga oder La Liga in Spanien, in denen es jeweils 555 Millionen waren. Alleine Enzo Fernandez, im Sommer erst für vergleichsweise schlanke 14 Millionen Euro zu Benfica Lissabon gewechselt, kostete Chelsea nun 121 Millionen Euro. Nur vier Spieler in der Geschichte des Fußballs waren jemals teurer: Neymar, Kylian Mbappé, Ousmane Dembélé und Philippe Coutinho.

Gut, könnte man sagen, ist doch das Problem des FC Chelsea. Wenn die Londoner viel Geld ausgeben wollen, sollen sie es doch machen. Aber ganz so einfach ist es eben nicht. Denn Chelsea kann es sich ja unter anderem deswegen leisten, das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster zu werfen, weil ein Investor dahinter steht, der das Geld gerne gibt. Und damit hat man schon den ersten gewaltigen Wettbewerbsvorteil beispielsweise gegenüber einem Bundesligisten, der sehen muss, dass er sein Geld selbst verdient.

Die Finanzregeln der Uefa sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen

Genau diese Wettbewerbsverzerrung will die Europäische Fußballunion eigentlich verhindern oder zumindest in ihren Auswirkungen verringern. Dafür hat sich der Verband ein Regelwerk gegeben, das bislang "Financial Fairplay" und künftig "Financial Sustainability and Club Licensing Regulations" nennt, kurz: FSCLR. Die grobe Idee dahinter: Klubs sollen nicht dauerhaft mehr ausgeben, als sie auch einnehmen. Und so soll der europäische Fußball erstens gerechter und zweitens wirtschaftlich nachhaltiger werden - weil die Klubs nicht mehr über ihre Verhältnisse leben.

Der Aregntinier Enzo Fernandez wechselt zum FC Chelsea - für 121 Millionen Euro.
Der Aregntinier Enzo Fernandez wechselt zum FC Chelsea - für 121 Millionen Euro. © dpa

Nicht erst das Beispiel Chelsea zeigt nun: Die Regeln sind das Papier nicht wert, auf denen sie stehen. Denn Chelsea hat einen Kniff gefunden, seine Ausgaben kleinzurechnen - zumindest für die Gegenwart: Fernandez hat einen Vertrag bis 2031 bekommen, ähnlich langfristig wurden auch die anderen Neuzugänge gebunden. Der Hintergrund: Ablösesummen dürfen über die gesamte Vertragslaufzeit gestreckt abgeschrieben werden. Das heißt: In jedem Vertragsjahr taucht nur ein Bruchteil der Ablösesumme als Verlust in den Büchern auf, und je länger die Vertragslaufzeit, desto geringer der Verlust pro Jahr. Chelsea nutzt also buchhalterische Tricks, um seine Ausgaben in der Gegenwart kleinzurechnen und die Finanzregeln der Uefa zu umgehen.

Chelsea zockt mir langfristigen Verträgen

Grundsätzlich ist diese Praxis zwar legitim, alle Klubs nutzen sie - aber wie Chelsea es macht, widerspricht es doch dem Geist der Regeln. Denn eigentlich erlaubt die Fifa nur Verträge von maximal fünf Jahren Laufzeit. In Deutschland etwa sind längerfristige Verträge daher unüblich, was allerdings auch mit diversen Feinheiten des deutschen Arbeitsrechts zu tun hat. In England dagegen darf die Zusammenarbeit ausdrücklich über längere Zeiträume ausgelegt sein - auch hier also nutzt der FC Chelsea einen Vorteil, den andere so nicht haben.

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Natürlich geht der Premier-League-Klub dabei hohes Risiko: Wenn Spieler nicht zünden, wenn sie sich verletzen, wenn sie sich nicht weiterentwickeln - dann sitzt der Klub auf vielen langfristigen Verträgen, die ihm wenig bringen. Außerdem muss er nun in den kommenden Jahren regelmäßig viel Geld verdienen, um den Abschreibungen, die über viele Jahre laufen, Gewinne entgegenzusetzen. Es ist also eine ziemliche Zockerei, die Chelsea betreibt, es ist alles andere als wirtschaftlich nachhaltig - und es ist damit genau das Gegenteil dessen, was die Finanzregeln der Uefa eigentlich bewirken sollen. Damit ist klar: Der Verband muss sein Regelwerk dringend verschärfen.