Essen. Am Donnerstag schließt in Deutschland das Transferfenster. Der langjährige Bundesliga-Manager Heribert Bruchhagen sieht viele Teams unter Druck.

Am Mittwoch trug Sasa Kalajdzic ein gelbes Trikot. Der österreichische Angreifer hatte sich zuvor beim Bundesligisten VfB Stuttgart verabschiedet und einen Fünfjahresvertrag beim englischen Premier-League-Klub Wolverhampton Wanderers unterzeichnet.

Durch seinen Arbeitsplatzwechsel vom Schwabenland in die West Midlands setzt der 25-Jährige seinen ehemaligen Klub unter Druck. Stuttgart hat zwar 18 Millionen Euro mehr auf dem Konto, aber kaum noch Zeit, um adäquaten Ersatz zu holen. Denn am Donnerstag um 18 Uhr schließt das Transferfenster für deutsche Klubs.

Heribert Bruchhagen spricht aus Erfahrung

Heribert Bruchhagen kennt die Situation, auf den letzten Drücker neues Personal verpflichten zu müssen. Der 73-Jährige arbeitete fast drei Jahrzehnte im deutschen Profifußball -- war unter anderem von 2003 bis 2016 Vorstandsvorsitzender bei Eintracht Frankfurt. „Wer für einen Mittelklasse-Klub arbeitet, muss bis zum Schluss lauern, dass noch ein passender Spieler auf den Markt kommt“, sagt Bruchhagen im Gespräch mit dieser Redaktion.

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In diese Kategorie sortiert er aktuell auch den VfB Stuttgart ein. „Der Klub wird es schwer haben, auf die Schnelle einen geeigneten Nachfolger für Kalajdzic zu finden“, vermutet Bruchhagen.

Er fühlt sich an den Sommer 2015 erinnert. Damals saß Torhüter Kevin Trapp im Büro des Vorstandsbosses und berichtete von einem Angebot von Paris Saint-Germain. „Er konnte dort mehr als das Dreifache verdienen, und deshalb habe ich ihm die Freigabe erteilt“, erzählt Bruchhagen. Immerhin überzeugte Nachfolger Lukas Hradecky aber auf Anhieb und entwickelte sich zu einem passablen Bundesliga-Torwart. „Dass uns in der Vorbereitung oder kurz nach Saisonstart wichtige Spieler verlassen haben, kam immer mal wieder vor“, sagt Bruchhagen.

Nottingham Forest vor Bayern München

Was die Personalplanung für viele Bundesliga-Klubs derzeit erschwert, ist das aggressive Vorgehen der englischen Teams. Dort investierte selbst Aufsteiger Nottingham Forest circa 157 Millionen Euro in neue Spieler. Beim deutschen Meister Bayern München summieren sich die im Sommer gezahlten Ablösen auf 137 Millionen Euro.

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Mit der Premier League kann sich die Bundesliga finanziell schon lange nicht mehr messen. Bis Mittwoch hatten die 18 deutschen Teams knapp 500 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Zum Vergleich: Die 20 englischen Klubs gaben bereits mehr als zwei Milliarden aus. Ein Teil des Geldes floss in die Bundesliga – etwa nach Stuttgart für den Kalajdzic-Transfer.

Der Kaufrausch im Ausland wirkt sich auf die Personalplanung anderer Bundesligisten kaum aus. „Wer in der Champions League startet, kann mit den hohen Einnahmen den Kader frühzeitig verstärken“, sagt Bruchhagen. So wickelte Bayern München seine Toptransfers schon vor dem Saisonstart ab. Sadio Mané vom FC Liverpool und Matthijs de Ligt von Juventus Turin stießen in der Vorbereitung zum Kader.

Schalke 04 musste reagieren

Bei den Abstiegskandidaten hatte auch der Saisonbeginn Einfluss auf die Transferpolitik. Aufsteiger Werder Bremen erwischte einen guten Start und musste keinen Leistungsträger mehr ziehen lassen. Das gilt für Schalke 04 nicht. Der Klub holte zwei Punkte aus vier Spielen, musste zudem Malick Thiaw an den AC Mailand abgeben. Deshalb wechselte kurz vor Transferschluss noch Abwehrspieler Sepp van den Berg vom FC Liverpool ins Ruhrgebiet.

Dass Zu- und Abgänge nach Saisonstart noch möglich sind, sorgte immer mal wieder für Diskussionen. „Für den Wettbewerb wäre es am besten, wenn der Kader vom ersten bis zum letzten Spieltag gleich bleibt“, sagt Bruchhagen. „Die Transferperioden abzuschaffen, ist rechtlich jedoch nicht möglich.“

Und deshalb stehen heute die Sportdirektoren unter Stress, um die letzten Transfers abzuwickeln.