Essen. Markus Gisdol setzt ein Zeichen gegen den Ukraine-Krieg und verlässt Moskau. Nicht jeder kann sich so eine Geste erlauben. Ein Kommentar.

Markus Gisdol will nicht länger auf dem Trainingsplatz stehen, während ein paar Kilometer weiter Befehle erteilt werden, „die großes Leid über ein gesamtes Volk bringen“. Deshalb zog der 52 Jahre alte Fußballlehrer Konsequenzen: Gisdol arbeitet nach der russischen Invasion in der Ukraine nicht länger für den Hauptstadtklub Lokomotive Moskau.

In mehr als zehn Jahren als Trainer im Profifußball hat Gisdol sicher gutes Geld verdient. Auch ohne den Job in Moskau dürfte die Existenz seiner Familie gesichert sein. Dennoch verdient seine Entscheidung, sich öffentlich in einer Branche, in der viele am liebsten wegschauen würden, zu positionieren, Respekt.

Eine moralische Zwickmühle

In diesen Tagen geht es auch viel um Einzelschicksale. Wie bei Gisdol, für den die Aufgabe beim Traditionsverein in einer Weltmetropole sicher auch aus persönlicher Sicht reizvoll gewesen ist.

Es ist durchaus eine moralische Zwickmühle, in der sich viele russische, aber auch internationale Athleten, Trainer und Funktionäre in Russland befinden: Man geht seinem Beruf in einem Staat nach, der einen brutalen Angriffskrieg führt, der die heimische Wirtschaft und Vereine kontrolliert. Man selbst aber ist vielleicht – wie viele junge Leute im Land – Gegner des Putin-Regimes.

Nicht jeder kann die Konsequenzen aushalten

Natürlich kann man für seine Werte einstehen. Dann aber drohen Konsequenzen, die Kündigung von Sponsoren, der Ausschluss vom Wettbewerb, im schlimmsten Fall wird man sogar verhaftet, wie es derzeit tausenden Demonstrierenden in den großen russischen Städten passiert. Oder man gefährdet die eigene Familie finanziell: Nicht jeder – insbesondere Nicht-Fußballer – kann es sich leisten, sofort hinzuwerfen.

Das alles gilt es zu beachten, wenn der Sport derzeit beurteilt wird. Vor allem allerdings, dass diejenigen, die unter diesem Krieg wirklich leiden, einzig und allein die Ukrainer sind.