Dortmund. Noch immer sind die BVB-Stars Mats Hummels und Marco Reus Eckpfeiler des Teams. Doch ihnen fehlt die Konstanz. Wann wagt Dortmund den Umbruch?

Der 18. Januar 2019 war kein guter Tag im Fußballerleben von Mats Hummels. Der hochdekorierte Innenverteidiger spielte damals noch beim FC Bayern München – wobei das mit dem Spielen plötzlich schwierig zu werden schien. Denn Trainer Niko Kovac verkündete öffentlich: Hummels würde künftig um seinen Platz im Abwehrzentrum kämpfen müssen, gesetzt sei fortan nur noch: Niklas Süle. Denn der war schon damals ziemlich gut und obendrein sieben Jahre jünger als Hummels.

BVB: Viele Verträge laufen 2023 aus

Drei Jahre später ist Süle noch immer ziemlich gut, noch immer sieben Jahre jünger als Hummels – und bald wieder dessen Mannschaftskollege, im Sommer kommt er ablösefrei zu Borussia Dortmund. Ob sich die Geschichte nun wiederholt, ist noch nicht gesagt: Möglicherweise ist ja Platz für Hummels und Süle, weil Manuel Akanji mit der Vertragsverlängerung zögert.

Und dennoch wird der BVB bald vor einer diffizilen Entscheidung stehen: Im Sommer 2023 laufen die Verträge einiger wichtiger Spieler aus: Neben Akanji betrifft das Raphael Guerreiro, Mahmoud Dahoud, Youssoufa Moukoko – und vor allem Mats Hummels und Dortmunds Kapitän Marco Reus.

Zwei der prägendsten Spieler der jüngeren Klubgeschichte also. Zwei, die an guten Tagen das Spiel ihrer Mannschaft immer noch beeinflussen wie wenige andere. Allerdings: Diese Tage werden weniger. Im Sommer 2023 wird Reus 33 Jahre alt sein, Hummels sogar 34. Die Zukunft des BVB verkörpern sie sicher nicht mehr. Und auch in der Gegenwart wachsen die Zweifel.

BVB: Große Spiele und krachende Niederlagen

Immer mal wieder hört man im Klub inzwischen die Frage, ob die so wankelmütigen Auftritte der Mannschaft nicht auch eine ganze Menge mit ihren Anführern zu tun haben. Öffentlich würde das kein Verantwortlicher jemals so sagen. „Er ist unser Kapitän und ich stehe zu unserem Kapitän“, sagt etwa Trainer Marco Rose. „Marco ist unser – mein Captain.“ So oder so ähnlich reagiert der Trainer regelmäßig, wenn er auf die zuletzt so schwankenden Leistungen seines Führungsspielers angesprochen wird.

Zwei Anführer: Marco Reus (links) übergibt hier die Kapitänsbinde von Borussia Dortmund an Mats Hummels.
Zwei Anführer: Marco Reus (links) übergibt hier die Kapitänsbinde von Borussia Dortmund an Mats Hummels. © imago

Intern aber werden die natürlich genau registriert. In der vergangenen Saison hat Reus zwar die These widerlegt, dass er kein Mann für die großen Spiele ist, als er im DFB-Pokalfinale gegen RB Leipzig eines seiner besten Spiele zeigte und den BVB zum Titel führte. Seitdem aber kamen einige krachende Niederlagen hinzu, in der Champions League wie im Pokal. Und in diesen Spielen, so geht die interne Einschätzung, war auch vom Kapitän Reus nicht allzu viel zu sehen.

Im Team ist BVB-Kapitän Marco Reus hoch angesehen

Die Rolle des Mannschaftskapitäns kann zuweilen sehr undankbar sein: Man wird schnell zum Gesicht der Krise, weil man nach schlechten Spielen meist vor die Kameras treten muss. Reus fand dabei oft deutliche Worte, er konnte erklären, warum die Mannschaft untergegangen war – nur verhindern konnte er es nicht.

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In der Mannschaft ist der Angreifer immer noch hoch angesehen. Obwohl er kein Lautsprecher ist, haben seine Worte Gewicht. Er ist ja immer noch der Spieler mit den feinsten Füßen im Kader, opfert sich zudem in der Arbeit gegen den Ball auf. Aber: Im vom Trainer Rose favorisierten 4-3-3-System fehlt seine Lieblingsposition im Zentrum, er muss oft auf dem Flügel ran – und dafür fehlt inzwischen das Tempo.

Schneller wird er nicht mehr werden, genauso wenig wie Mats Hummels, der noch nie als Sprinter glänzte. Der Innenverteidiger ist immer noch ein überragender Defensivzweikämpfer, vor allem in der Luft kaum zu bezwingen. Aber die körperlichen Probleme werden nicht weniger – und wenn die Fitness nicht stimmt, dann gehen seine Vorstöße aus der Abwehrkette oft ins Leere, dann lässt er Lücken in der Abwehr. Zu selten war Hummels der Abwehrstabilisator, der er eigentlich sein kann.

Noch keine Gespräche mit BVB-Verteidiger Mats Hummels

Und so stehen die BVB-Verantwortlichen vor einem echten Dilemma. Sie wissen, dass irgendwann ein Abschied kommen muss. Aber wann? Wem überträgt man dann die Verantwortung? Bekäme man die beiden Noch-immer-Anführer am Transfermarkt in Corona-Zeiten adäquat ersetzt? Und wie vollzieht man einen solchen Umbruch, ohne die Klub-Ikonen und die Fans vor den Kopf zu stoßen?

Marco Reus hat ja schon verkündet, dass er gerne beim BVB verlängern würde und auch Hummels kann es sich vorstellen, wenn der Körper mitmacht. Gespräche hat es noch keine gegeben – noch hat der BVB also ein wenig Zeit zu entscheiden, wie er sein Dilemma auflösen will.