Essen. Der Pandemie zum Trotz feierten in den Niederlanden 5000 Fans ihre Nationalelf. Ein Modellprojekt machte es möglich. Pokalfinale mit Zuschauern?

Die Johan-Cruyff-Arena in Amsterdam bebt wieder. 32 Minuten waren im Fußball-WM-Qualifikationsspiel zwischen den Niederlanden und Lettland (2:0) am Samstag absolviert, da wurde es laut. Nachdem Steven Berghuis den Ball  zum 1:0  in den Winkel drosch, freuten sich nicht nur der Angreifer und seine Teamkollegen. Auch 5000 Zuschauer auf den Tribünen lagen sich in den Armen und jubelten ausgelassen. Wie lange hatte der Fußball in den Niederlanden das vermisst.

Viele Fans jubelten ohne Maske, fast alle ohne Abstände zum Nebenmann. Und das, obwohl die dritte Welle der Corona-Pandemie auch in den Niederlanden grassiert. Am Montag lag der Sieben-Tage-Inzidenzwert in Amsterdam bei 309,1. Landesweit herrscht ein harter Lockdown inklusive abendlicher Ausgangssperre.

EM-Gastgeberstädte prüfen Ideen

Warum also durften in Amsterdam Fans bei Bier und Fleischkrokette über ihre Elftal fachsimpeln, während Anhängern in den meisten anderen Ländern nur die TV-Übertragung blieb? Ein Modellprojekt machte es möglich.

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Zusammen mit der niederländischen Regierung hat die Veranstaltungsbranche ein Konzept zur Zuschauerrückkehr entwickelt. Zen­trales Element: Corona-Schnelltests für alle Besucher. Aktuelle negative Nachweise sind Pflicht, um die Veranstaltungen besuchen zu dürfen. Überprüft wird das mittels der niederländischen Corona-Check-App. Um im Rahmen der Studie mögliche Ansteckungen in Zusammenhang mit der Veranstaltung zu prüfen, steht fünf Tage nach dem Event ein weiterer Test an.

Das Länderspiel war der bislang größte Testlauf dieser Art in den Niederlanden, nachdem zuletzt ein Musikfestival mit 1500 Besuchern stattfinden durfte. Der Fußballverband KNBV erhofft sich durch die Massentests Erkenntnisse darüber, wie eine Rückkehr von Zuschauern auf „verantwortungsvolle Weise beschleunigt“ werden könne.

Umstrittene Ansage von Uefa-Präsident Aleksander Ceferin

Auf eben diese Erkenntnisse hofft auch der europäische Fußballverband Uefa. Denn die Europameisterschaft steht in wenigen Wochen vor der Tür. Nach aktuellen Planungen soll sie in zwölf Ländern ausgetragen werden. Immer mehr Gastgeberstädte basteln bereits an Konzepten, um die Spiele vor Zuschauern austragen zu können. Neben Amsterdam sind auch Rom, Kopenhagen und St. Petersburg optimistisch, was eine Fan-Rückkehr angeht. Genau das verlangt Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. „Die Option, dass ein Spiel der EM ohne Fans ausgetragen wird, ist vom Tisch“, sagte der Slowene zuletzt – und wurde dafür heftig kritisiert.

Am einzigen deutschen Spielort München gibt es laut Uli Hoeneß, dem Ehrenpräsidenten des FC Bayern, zwar ein Konzept für die Durchführung von Spielen mit Zuschauern – ob das allerdings umgesetzt werden kann, ist offen, denn noch sei nicht klar, wie sich die Pandemie bis zum Sommer entwickele. „Die Gesundheit der Zuschauer und Bürger ist die oberste Priorität“, stellte Hoeneß bei RTL klar.

Berliner DFB-Pokalfinale mit Fans?

Große Testläufe für die Zuschauerrückkehr wie in den Niederlanden gab es in Deutschland zuletzt nicht. Im kleinen Rahmen aber testete Union Berlin Ähnliches. Zum Bundesliga-Heimspiel gegen Köln am 13. März boten die Köpenicker allen zutrittsberechtigten Helfern, Ordnern und Journalisten einen kostenfreien Schnelltest an. 165 Personen nahmen einen Test in Anspruch, um damit über einen Code nach rund einer Viertelstunde Wartezeit Zutritt zu erhalten. „Alle Abläufe haben gut funktioniert, alle Tests waren negativ“, hieß es.

Eine andere Idee äußerte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Interview mit dieser Zeitung. Der 62-Jährige hofft, geimpftes Personal der medizinischen oder sozialen Betreuung in die Stadien lassen zu dürfen. Als  Dank für die Arbeit im Kampf gegen die Pandemie. Als geeigneten Rahmen dafür sieht der BVB-Boss auch das DFB-Pokalfinale am 13. Mai.  Selbst der Deutsche Fußball-Bund erklärte am Montag der Sportschau, dass ein solches Vorhaben umsetzbar sei – sofern die Behörden grünes Licht geben. Der Traum vom Fußball-Sommer mit Fans lebt, an Konzepten mangelt es nicht.