Essen. Die Nationalspieler haben sich für die Menschenrechte eingesetzt. Unterschätzen sollte man den Protest nicht, aber auch nicht glorifizieren.

Natürlich sollte sich niemand etwas vormachen. Die Weltmeisterschaft in Katar, nachträglich verlegt in den Winter 2022, wird stattfinden. Ob ein Boykott Sinn ergeben würde, dafür lassen sich Für und Wider aufzählen. Katar wird das Großereignis in knapp anderthalb Jahren versuchen, für die eigene Imagepflege zu missbrauchen. Anderseits spricht sich selbst die Menschenrechtsorganisation Amnesty International gegen einen Boykott aus. Sie hofft, dass sich die Menschenrechtslage durch den Dialog verbessern lässt.

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Immerhin hat die deutsche Nationalmannschaft durch die auf schwarze T-Shirts gemalte Botschaft „Human Rights“ (Menschenrechte) auf die Missstände hingewiesen. Ohne dabei allzu sehr anzuecken. Denn die Profis haben nicht über die Menschen gesprochen, die sich auf den WM-Baustellen zu Tode geknüppelt haben. Sie haben nicht den Namen Katar in den Mund genommen. Sie haben für die Einhaltung der Menschenrechte geworben. Und dafür ist ja eigentlich jeder, selbst Katar. Es sei denn, die Einhaltung steht den eigenen Interessen im Wege.

Unterschätzen sollte man die Protestaktion aber nicht. Desto mehr Mannschaften sich beteiligen, desto mehr gerät der Fußballweltverband Fifa unter Druck, WM-Vergaben künftig an klare Menschenrechtsvorgaben zu koppeln.

Doppelmoral? Vielleicht

Zudem scheint der Protest für die Spieler wirklich ein Anliegen gewesen zu sein. Ihnen dabei Doppelmoral vorzuwerfen, fällt leicht. Vielleicht ist aber einfach zu hoch gegriffen, von Mitte 20-Jährigen zu erwarten, bundespräsidial auf das komplizierte Weltgeschehen zu schauen und jede Feinheit zu berücksichtigen. Anderseits darf man von ihnen erwarten, sich künftig gegen den eigenen Arbeitgeber zu stellen, wenn dieser etwa wie die Bayern für die katarische Fluglinie wirbt.

Völlig deplatziert war jedoch das Video, das die Medienabteilung des Deutschen Fußball-Bundes in den sozialen Medien veröffentlichte. Plötzlich erschien die Aktion der Spieler nicht mehr spontan, sondern wie von einer Werbeagentur eingefädelt. Schade.