Leverkusen.. Als Bosz-Nachfolger will Hannes Wolf in Leverkusen beweisen, dass er auch auf höchstem Niveau erfolgreich sein kann. Er hat acht Spiele Zeit.
Eigentlich sollte Hannes Wolf dabei helfen, den deutschen Fußball zukunftssicher aufzustellen. Mehr Freiheiten für Talente, mehr Bolzplatzmentalität, weniger taktische Zwänge. Wolfs Rolle als U18-Trainer beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) war als langfristiges Projekt geplant. Wie so oft in diesem Geschäft ging dann aber mal wieder alles ganz schnell. Und nun muss der 39 Jahre alte gebürtige Bochumer ziemlich kurzfristig denken: als Trainer des ambitionierten Bundesligisten Bayer Leverkusen.
Am Dienstagmorgen hatten sich die Rheinländer von Peter Bosz (57) getrennt. Der Niederländer konnte Bayers Abwärtstrend nicht stoppen. Das 0:3 beim Abstiegskandidaten Hertha BSC am vergangenen Samstag war der bisherige Tiefpunkt einer Saison, die hoffnungsvoll begonnen hatte und schließlich in eine Formkrise führte. Inzwischen ist die Europapokal-Qualifikation stark gefährdet, die Champions-League-Ränge scheinen sogar außer Reichweite.
Hannes Wolf: Durchbruch mit BVB-Nachwuchs
Ein geliehener Trainer soll nun in acht Spielen die Wende schaffen. Anschließend, so der Plan, wird Wolf zum DFB zurückkehren. Er selbst meinte, dass es fahrlässig gewesen wäre, den Job beim Verband für einen kurzen Zeitraum aufzugeben. Ein langfristiges Engagement wollte am Dienstag trotzdem keiner der Bayer-Bosse ausschließen. „Was Richtung Sommer passiert, werden wir uns in Ruhe überlegen und im nächsten Schritt anschauen“, sagte Sportdirektor Simon Rolfes.
Unbestritten aber ist, dass es Wolfs große Chance ist, sich im Profibereich zu etablieren. Zum ersten Mal darf er eine Mannschaft trainieren, die die Qualität besitzt, in die Spitzengruppe der Bundesliga vorzustoßen.
Bekannt wurde er vor mehr als zehn Jahren als Talenteschmied bei Borussia Dortmund, förderte spätere Profis wie Christian Pulisic, gewann im Nachwuchsbereich die Deutsche Meisterschaft mit den A- (2016) und B-Junioren (2014, 2015). Wolf, der als Spielertrainer bei der SG Eintracht Ergste und beim ASC 09 Dortmund seine Laufbahn begann, galt anschließend als einer der hellsten aufgehenden Sterne am Trainerhimmel.
Hannes Wolf: Gescheitert in Hamburg und Genk
Und auch sein Debüt im Erwachsenenbereich lief vielversprechend. 2017 führte er den VfB Stuttgart zurück in die Erste Liga. Deshalb konnte er guten Gewissens ein Angebot des BVB ablehnen, nach seiner Entlassung in Stuttgart dort Co-Trainer von Lucien Favre zu werden. Es wäre der Schritt zurück in die zweite Reihe gewesen, Wolf standen zu diesem Zeitpunkt andere Türen offen.
In der Tat dauerte es nicht lange, bis er nach dem Aus beim VfB einen neuen Job bekam. Mit dem Hamburger SV verpasste er jedoch eine Saison später den direkten Wiederaufstieg und musste im Sommer 2019 gehen. Und auch beim KRC Genk in Belgien lief es zuletzt nicht rund. Nach nicht mal einem Jahr wurde er dort im September 2020 entlassen. Ein Rückschlag, der ihm persönlich sehr zusetzte. Fortan galt er als Trainer, der zwar im Jugendbereich glänzte, bei dem es allerdings nicht für die ganz große Bühne, die Bundesliga, zu reichen schien. Wenn ein Klub einen neuen Cheftrainer suchte, fiel in der Öffentlichkeit nicht mehr immer sofort auch der Name Hannes Wolf.
Hannes Wolfs Leverkusen-Debüt gegen Schalke
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Leverkusen ist nun die überraschende Gelegenheit für Wolf, sich bei den Bundesliga-Klubs wieder ins Gespräch zu bringen. Erster Gegner nach der Länderspielpause ist am 3. April der Tabellenletzte Schalke 04 (15.30 Uhr/Sky). „Wir wollen die acht Wochen voll durchziehen“, sagt der 39-Jährige. Seine Aufgabe sei „wie ein 800-Meter-Lauf, den wollen wir mit voller Energie angehen“.
Folgt man Wolfs Rechnung, wartet 100 Meter vor dem Ziel Edin Terzic. Am letzten Spieltag trifft Bayer auf den BVB – und zwei Kumpels, die gemeinsam in der Jugend der Borussia gearbeitet haben, stehen sich plötzlich im Signal Iduna Park gegenüber. Es könnte das Endspiel um die Europapokal-Ränge werden. Und womöglich entscheidend dafür sein, ob bald wieder häufiger in Bundesliga-Chefetagen der Name Hannes Wolf fällt.