Essen. . Die Bundesligisten geben diesen Winter weniger Geld für Transfers aus. Die Pandemie hinterlässt Spuren. Ex-BVB-Manager Meier analysiert sie.

„Normalerweise“, sagte Jürgen Klopp dieser Tage, würde er mit dem FC Liverpool auf dem Transfermarkt nachlegen. „Wenn alles gut und normal wäre“, fügte der 53-Jährige hinzu. In diesem Winter ist im Profifußball aber nichts normal. Durch die Corona-Krise haben die Klubs noch immer große Finanzsorgen. Ein neuer Innenverteidiger ist deshalb auch für den englischen Meister nicht drin. „Es ist nicht die beste Zeit für den Planeten. Warum sollte das für Fußballklubs anders sein?“, fragte Klopp.

Das Geld sitzt in dieser schwierigen Zeit selbst in der Premier League, der finanzstärksten Liga der Welt, nicht mehr so locker. Da wundert es kaum, dass sich auch auf dem Winter-Transfermarkt hierzulande wenig tut. Teuerster Transfer in der Bundesliga ist bisher Dominik Szoboszlai (20), für den Ungarn überwies RB Leipzig 20 Millionen Euro an RB Salzburg. Am Mittwochabend verpflichtete Bayer Leverkusen Außenverteidiger Jeremie Frimpong (20) von Celtic Glasgow für 11 Millionen Euro Ablöse.

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Nachdem im Januar 2020 noch 196,8 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben wurden, haben die Bundesligisten 2021 bis Mittwochmittag erst 34,7 Millionen Euro in neues Personal investiert. Bis Montag, 18 Uhr, können die Klubs noch Spieler verpflichten, aber: „In der Pandemiezeit ist es eine ganz andere Situation“, erklärt der langjährige Bundesliga-Manager Michael Meier den abkühlenden Transfermarkt.

Kosten zu reduzieren, hat Priorität

Denn statt Geld für neue Spieler auszugeben, sind die Vereine 2021 eher gezwungen, ihre Kader zu verkleinern. Das Senken der Ausgaben ist wichtiger als Neuverpflichtungen. „Die Bereitschaft zu verkaufen ist größer“, sagt der langjährige Manager des 1. FC Köln, von Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund. „Einnahme-Dellen können durch Transfers ausgeglichen werden.“

Ein Beispiel ist Mainz 05. Obwohl der Klub auf einem Abstiegsrang steht, wurde der beste Torjäger Jean-Philippe Mateta an den englischen Erstligisten Crystal Palace abgegeben. Für eine Leihgebühr in Höhe von 3,5 Millionen Euro und mit der Aussicht auf bis zu 17 Millionen Euro, sollten die Londoner die Kaufoption ziehen. „Im Abstiegskampf den besten Stürmer abzugeben, ist ungewöhnlich“, sagt Meier, der knapp 30 Jahre lang als Manager in der Bundesliga gearbeitet hat.

Winter-Transfers empfand er schon in seiner aktiven Zeit als schwierig und riskant – und da gab es Wort Corona-Krise noch gar nicht. „Das machen die Vereine ungern“, sagt Meier. Denn in der Regel ist die Kaderplanung immer auf mindestens zwölf Monate ausgelegt. Im Januar seien vor allem „Klubs, die in Schieflage geraten sind“, gezwungen nachzulegen, erklärt der 71-Jährige. Gründe dafür können Verletzungen, Formkrisen oder akute Abstiegsgefahr sein.

Ex-BVB-Manager Michael Meier: "Schalke musste das Risiko eingehen"

Da in diesen Fällen Handlungsdruck herrscht, werden die Ansprüche an Zugänge oft heruntergeschraubt. „Im Winter wird man keinen Spieler finden, bei dem man hinter jedes Auswahlkriterium einen Haken setzen kann“, sagt Meier. Das musste zuletzt auch Schalke 04 feststellen. In der Hoffnung, den Abstieg doch noch abzuwenden, setzte das Bundesliga-Schlusslicht im Winter ausschließlich auf kurzfristige Verstärkungen.

Klaas-Jan Huntelaar (37), Sead Kolasinac (27) und William (25) kamen entweder ablösefrei oder wurden ausgeliehen. Ohne großen finanziellen Aufwand hat es der Klub so geschafft, drei Problempositionen neu zu besetzen. "Schalke musste das Risiko eingehen“, erklärt Meier. „Und das in einer Situation, in der für den Verein wirklich jeder Transfer ein Volltreffer sein muss. Huntelaar ist schon sehr alt, Kolasinac hat zuletzt kaum gespielt, William war lange verletzt.“

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Mehr Verpflichtungen als Schalke hat 2021 kein Bundesligist präsentiert. Bis das Transferfenster am 1. Februar schließt, ist aber noch ein „Domino-Effekt“ möglich, weiß Meier. „Investiert ein großer Klub, wird Geld in den Kreislauf gespült, einige Transfers folgen.“ Mit Blick auf die Top-Ligen in Spanien, Italien und England sieht es jedoch nicht danach aus, als gäbe es im Corona-Jahr 2021 so eine Kettenreaktion.

Für diese Prognose reicht allein ein Blick auf die Zahlen, die die Europäische Klubvereinigung ECA am Mittwoch veröffentlicht hat. Durch die Corona-Pandemie erwartet der Vorsitzende der Vereinigung Andrea Agnelli einen Verlust von bis zu 8,5 Milliarden Euro für den europäischen Fußball. Multi-Millionen-Transfers bleiben da auf der Strecke.