Essen. Bund und Länder beschließen: Geisterspiele im November. Die Kritik ist groß. Im Amateursport herrscht schon ab Montag ein kompletter Stillstand.

Die Saison hatte für die Vereine im September mit einem Hoffnungsschimmer begonnen. Die Profiklubs im deutschen Fußball freuten sich zum Start in die neue Spielzeit über die Teil-Zulassung von Zuschauern, auch Hallen-Sportarten wie der Handball waren nach den ersten Spielen vor Fans schon wieder vorsichtig zuversichtlich gestimmt. Es waren erste Schritte aus der Corona-Krise auf dem Weg zurück zur früheren Normalität, die jetzt aber auch für den Profisport wieder in weitere Ferne rückt. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten haben sich in ihren Beratungen am Mittwoch darauf verständigt, wegen der sprunghaft angestiegenen Corona-Infektionszahlen keine Fans mehr in den Stadien und Hallen zuzulassen – vom 2. bis 30. November.

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Nach dem ersten Stillstand im März hatten es die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept geschafft, den unterbrochenen Spielbetrieb in der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga wieder aufzunehmen – zunächst vor Geisterkulissen. Für die aktuelle Saison hatte die DFL grünes Licht gegeben, zumindest bis zu 20 Prozent der Gesamtkapazität der Stadien mit Zuschauern füllen zu dürfen. Allerdings hatten die örtlichen Behörden weiterhin das Recht, die Zuschauerzahl zu reduzieren oder gar einen Ausschluss zu veranlassen, was zuletzt häufig geschah. „Die Entscheidung der Politik ist zu akzeptieren“, sagt Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund. „Gleichwohl möchte ich festhalten, dass von der Bundesliga aufgrund eines von Experten geschätzten Hygienekonzeptes nie eine Gefahr ausgegangen ist.“ Die DFL ließ verlauten: „Fans und Klubs haben darauf aufbauend, wo immer möglich, Hygiene- und Abstandsregeln nahezu ausnahmslos diszipliniert umgesetzt und sind damit ihrer Verantwortung gerecht geworden.“

Hallensportarten in großer Bedrängnis

Dass Geisterspiele das Minimum für das wirtschaftliche Überleben der Profi-Fußballklubs sind, hatten zuletzt mehrere Bundesliga-Funktionäre betont. In den anderen Sportarten sieht es bereits jetzt düsterer aus. Eine Verringerung der Zuschauer auf Null bringt vor allem Klubs im Basketball, Handball oder Eishockey in noch größere Bedrängnis, bilden die Kartenverkäufe doch die größte Einnahmequelle.

Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), zeigt kein Verständnis für den Schritt. „Das widerspricht dem, was wir mit den Chefs der Staatskanzleien besprochen haben“, sagte Bohmann. „Da war der Tenor noch eindeutig: Der Sport hat seine Hausaufgaben gemacht und trägt nicht zum Infektionsgeschehen bei.“ Trotzdem müssen nun auch jene Handball-Klubs vor leeren Rängen spielen, die in den vergangenen Wochen zumindest noch einige hundert Zuschauer begrüßen durften. Bundesliga-Aufsteiger Tusem Essen gehörte nicht dazu, Geschäftsführer Niels Ellwanger hatte Zuschauereinnahmen schon lange bis Ende des Jahres aus seinen wirtschaftlichen Überlegungen ausgeschlossen. „Dieses Jahr ist ein Desaster“, sagt Ellwanger, der seine Bedenken sogar erweitert und von Januar bis März zwar auf Zuschauer hofft, aber nicht mit ihnen rechnet.

Basketball-Chef Holz ist sauer

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Auch Stefan Holz, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga (BBL), kritisiert die Entscheidung der Politik. „Aus unserer Sicht gibt es fachlich-hygienisch keine Gründe dafür“, sagte der 54-Jährige. Die BBL will am 6. November in ihre neue Saison starten. „Es werden von uns Hygienekonzepte verlangt, für die wir viel Geld in die Hand nehmen und mit ausgewiesenen Experten zusammenarbeiten. Und obwohl die Testphase gezeigt hat, dass die Konzepte funktionieren, dreht man uns doch den Saft ab“, sagte Holz: „Das ist bitter.“

Im Eishockey sind die Sorgen ebenso groß, die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) hatte den Saisonstart aufgrund der Ungewissheit ohnehin weit nach hinten geschoben und will frühestens Mitte Dezember wieder um Punkte spielen.

Im Profisport gibt es immerhin noch Geisterspiele – im Amateursport hingegen herrscht ab 2. November kompletter Stillstand. Der Trainings- und Spielbetrieb muss ruhen, erlaubt ist nur Individualsport wie etwa Joggen. In den Ligen werden sich damit zahlreiche Nachholspiele ansammeln. Auf die Verbände wird in den kommenden Tagen entsprechend viel Arbeit zukommen.