Essen. Peter Peters muss einen Nachfolger für DFL-Geschäftsführer Christian Seifert finden. Im Interview spricht er auch über die Turbulenzen beim DFB.
Peter Peters hat viel zu tun: Der 58-Jährige sucht als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Fußball-Liga einen Nachfolger für Geschäftsführer Christian Seifert, der 2022 abtritt. Er sitzt als DFL-Vertreter auch im Präsidium des Deutschen Fußballbunds, der nicht zur Ruhe kommt. Und nun kandidiert er noch für den Fifa-Rat, das Aufsichtsgremium des Weltfußballverbands. Es gibt also viel zu erzählen für Peters, der im Sommer nach 27 Jahren den Posten als Finanzvorstand des FC Schalke 04 abgab.
Herr Peters, Sie haben viele Themen zu beackern derzeit. Womit fangen wir an?
Peter Peters: Am besten mit der Aktualität, also der DFL. Ich bin jetzt ununterbrochen seit 2004 dabei, im Jahr darauf wurde Christian Seifert zum Nachfolger von Wilfried Straub bestimmt – dies erfolgte gemeinsam mit Kollegen, die längst nicht mehr im Amt sind. Da ist sein Abschied natürlich ein Einschnitt. Christian Seifert hat hervorragende Arbeit geleistet. Und ich bin sicher, dass er sie bis zum Ende seiner Vertragslaufzeit in 20 Monaten mit genau dem Einsatz fortsetzen wird, der ihn in den vergangenen 15 Jahren ausgezeichnet hat.
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Welches Profil muss der Nachfolger mitbringen?
Peter Peters: Es geht dabei um vielfältige Qualitäten. Die DFL ist heute hervorragend aufgestellt mit ihrer Struktur, mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit den Tochterunternehmen und deren Geschäftsführern. Wir brauchen eine kluge Führung, die das alles koordiniert, steuert und führt. Und bevor Sie nach Namen fragen: Es geht jetzt erst einmal darum, im Aufsichtsrat einen geordneten Prozess zu beginnen, um eine Nachfolgeregelung zu finden.
Die Aufgaben sind enorm. Könnte man die auch auf mehrere Schultern verteilen, indem man die Strukturen ändert?
Peter Peters: Wir haben ja schon mit Christian Seifert die DFL permanent modernisiert und an aktuelle Herausforderungen angepasst. Und er führt die DFL ja nicht alleine, wir haben neben ihm als Geschäftsführer eine sehr starke Geschäftsleitungsebene, und wir haben auch in den Tochtergesellschaften hochqualifizierte Geschäftsführer. Aber natürlich müssen wir jetzt auch diese Frage ganz offen diskutieren. Es gibt ja kein Duplikat von Christian Seifert. Deswegen muss man eine optimale Lösung finden in Bezug auf Strukturen und Personen.
Die sucht auch der DFB, der seit Jahren nicht zur Ruhe kommt.
Peter Peters: Die DFL hat zahlreiche Schnittstellen mit dem DFB – und daher großes Interesse daran, dass der DFB wieder in ruhiges Fahrwasser kommt. Der DFB muss selbst zur Ruhe finden, um die vielen externen Herausforderungen, denen sich der Fußball jetzt und in Zukunft gegenübersieht, bewältigen zu können. Uns ist die Einheit des Fußballs sehr wichtig – dass der professionelle Fußball und die Regional- und Landesverbände des DFB gemeinsam organisiert sind und zusammenarbeiten. Die Liga hat daher ein hohes Interesse an einem starken DFB. Alle Gerüchte dahingehend, dass wir über den DFB bestimmen wollen, sind einfach falsch. Es wäre überhaupt nicht zielführend, wenn sich die DFL in interne Konflikte des DFB einmischt.
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Vermissen Sie beim DFB Qualität in Führungspositionen?
Peter Peters: Ich bin kein Freund von solchen pauschalen Aussagen – und möchte einen anderen Punkt herausheben: Sie sehen ja, dass der DFB schon seit Jahren darum ringt, wie seine künftige Struktur aussieht. Natürlich ist es nicht so einfach, so einen Verband und seinen Betrieb anders zu organisieren. In einem gewissen Maß habe ich dafür Verständnis, aber der DFB muss diesen Prozess kurzfristig zu Ende führen.
Gibt es einen Konflikt zwischen Profi-Lager und den Amateuren?
Peter Peters: Genau darum geht es uns nicht. Wir haben kein Lager. Ich bin in engem Austausch mit Rainer Koch, und es geht uns darum, die bestmögliche Lösung für einen starken DFB zu finden. Da bestimmt keiner über den anderen, das wollen wir gemeinsam miteinander hinbekommen.
Zuletzt war zu lesen, aus dem Profibereich wünsche man sich eine weniger intensive Aufklärung der Sommermärchen-Affäre.
Peter Peters: Da muss ich deutlich widersprechen. Wir haben auch in der DFB-Präsidiumssitzung am vergangenen Freitag deutlich gemacht, dass das keineswegs unser Ansinnen ist. Genau das Gegenteil ist der Fall: Es ist wichtig, dass die Themen, die den DFB seit Jahren beschäftigen, zu einem Abschluss kommen – natürlich mit einem Ergebnis.
Herr Seifert hat dem DFB im vergangenen Jahr attestiert, auch international ein verheerendes Bild abzugeben. Ist das ein Grund, warum sie für den Fifa-Rat kandidieren?
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Peter Peters: Wir sind uns alle einig, dass der DFB als größter Fußballverband der Welt in den internationalen Gremien vertreten sein muss. Natürlich hat der DFB-Präsident das erste Vorschlagsrecht. Er hat für sich entschieden, nicht selbst zu kandidieren, weil der DFB sich in einer schwierigen Lage befindet und dort viele Themen zu bearbeiten sind. Er hat mich also vorgeschlagen, und dieser Verantwortung stelle ich mich gerne.
Ein Selbstläufer wird die Kandidatur aber nicht.
Peter Peters: Das wissen wir alle. Die letzten deutschen Amtsinhaber sind aus unterschiedlichen Gründen zurückgetreten, das war natürlich für die Position des deutschen Fußballs nicht förderlich. Das ist keine Anklage und kein Nachtreten – das ist einfach Fakt. Und jetzt geht es unter anderem darum, auch auf internationaler Ebene wieder für Beständigkeit und Verlässlichkeit zu stehen. Ich bin ein Mensch, der sich selbst als verlässlich und bodenständig bezeichnet, ich bin ja mit dem Fußball groß geworden…
Diese Adjektive fallen einem nicht als erstes ein, wenn man an die Fifa denkt.
Peter Peters: Ich glaube jedenfalls nicht, dass es gut für die Zukunft des Fußballs ist, wenn es immer nur darum geht, über immer mehr Wettbewerbe und immer mehr Spiele immer mehr Geld einzunehmen.
Das wäre eine Gegenposition zum Präsidenten Gianni Infantino, der über deutlich mehr Wettbewerbe nachdenkt.
Peter Peters: Mir geht es nicht darum, von wem etwas organisiert wird. Mir geht es vor allem auch um die Belastung der Spieler, die sowohl in der Nationalmannschaft als auch in den internationalen Wettbewerben zum Einsatz kommen. Wir sind an einer Stelle angekommen, an der die Belastung der Spieler teilweise grenzwertig oder sogar grenzüberschreitend ist. Das ist keine neue Erkenntnis, aber man muss sie auch mal deutlich aussprechen.
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Und trotzdem gibt es schon wieder Gedankenspiele um eine europäische Super League der besten und größten Klubs.
Peter Peters: Die nationalen Ligen sind die Herzkammer des professionellen Fußballs. Eine europäische Super League kann nicht ohne Beschädigung der nationalen Wettbewerbe funktionieren, und damit würde sie den Fußball insgesamt beschädigen.
Es gibt auch Stimmen, die sich eine größere Geschlossenheit der Champions League wünschen.
Peter Peters: Ich habe dazu immer eine ganz klare Position vertreten: Die Qualifikation für die europäischen Wettbewerbe muss über die nationalen Ligen erfolgen. Alles andere stellt das infrage, was den Fußball stark macht. Denn genau das macht doch die Ligen spannend, der Wettbewerb, nicht nur um die Meisterschaft, sondern auch um die Plätze für das internationale Geschäft. Hinzu kommt: Es ist auch ein großer Unterschied zum Beispiel zwischen europäischen und amerikanischen Ligen, dass es Auf- und Abstieg gibt, mit all den mal wundervollen, mal herzzerreißenden sportlichen Entscheidungen. Das muss das durchgängige Prinzip bleiben, das ist meine Position. Eine Super League oder geschlossene Wettbewerbssysteme dürfen keine Option sein. Mit Blick auf die Uefa kann ich aber sagen: Aleksander Ceferin hat in den vergangenen Jahren als Präsident bewiesen, dass er für verantwortungsbewusste Entscheidungen steht, die immer das große Ganze berücksichtigen.