Essen. Der Abschied von Christian Seifert vergrößert die Sorgen der DFL. Der neue Geschäftsführer darf aber eine Kopie seiner sein. Ein Kommentar.

Der Profifußball ist ein Jahrmarkt der Eitelkeiten. Das trifft auf all seine Facetten zu, ob ein Torhüter nun mehr Bälle abgewehrt und ein Stürmer mehr Tore erzielt hat oder ob ein Manager einen Konkurrenten im Transfergeschäft ausgestochen und ein Geschäftsführer schon wieder bessere Wirtschaftskennzahlen präsentiert hat. In diesem Wettstreit müssen manche mehr als andere in ihre Außendarstellung investieren, um auch zu den wichtigsten Personen der Branche gezählt zu werden.

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Christian Seifert ist in seiner Zeit als Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) für die Öffentlichkeit nie in unangenehmer Weise in den Vordergrund gedrängt. Der 51-Jährige gefiel – pardon: gefällt ja immer noch – durch vornehme Besonnenheit und Zurückhaltung, andererseits lässt er aber auch keinen Zweifel an der Kompetenz und der Entschlossenheit seiner Arbeit aufkommen. Seifert ist der mächtigste Mann in der DFL; er weiß das, er will das so, er sorgt dafür. Seiner Branche, in der die Lautstärke des Gesprochenen immer wichtiger zu werden scheint als der Inhalt und die (nicht anders als die übrigen Wirtschaftszweige auch) von Gewinnmaximierung getrieben ist, hat er aber in der Corona-Krise das Antlitz der Vernunft verliehen.

Seifert profilierte sich bei der DFL als Entwickler und als Krisenmanager

Auch wenn sich nun neue Problemfelder auftun, Bilder von Tausenden Zuschauern wie in Berlin in Zeiten wieder steigender Infektionszahlen immer schwieriger zu vermitteln sind, war es zu großen Teilen Seiferts Verdienst, dass die teils finanziell havarierenden Bundesligisten wieder den Spielbetrieb aufnehmen konnten. Es steht zu befürchten, dass die Pandemie mit ihren gesundheitlichen Risiken für die Gesellschaft und finanziellen Auswirkungen auch auf den Sport noch über Seiferts Abschiedsdatum im Juni 2022 hinaus gravierenden Einfluss haben wird.

Seifert hat die Bundesliga mit ihren Spitzenvertretern FC Bayern und Borussia Dortmund in den vergangenen 15 Jahren zu einem hochprofitablen Unternehmen mit immer höheren Erlösen ausgebaut. Wie vor Ort mit dem Geld gewirtschaftet wird, fällt nicht in den Kompetenzbereich des früheren Vorstands einer Karstadt-Tochter. Als Entwickler und Krisenmanager hat er sich bewährt und ist so für jedes große Unternehmen interessant geworden – ein neues berufliches Kapitel aufschlagen zu wollen, heißt auch, nun den eigenen Marktwert testen zu können.

Für Seifert kommt der Abschied von der DFL zum rechten Zeitpunkt

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Sein persönliches Weiterkommen zu forcieren, ist Seiferts gutes Recht. Es ist für ihn ein geeigneter Zeitpunkt, den Absprung zu wagen: Denn unter der Last des Virus wird es schwieriger für die Deutsche Fußball-Liga, in naher Zukunft den stetigen Aufwärtstrend fortzuführen. Eine neugegründete Kommission beschäftigt sich gerade mit der sportlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Zukunft des Fußballs, zumal auch über den Sommer 2022 hinaus noch der Ball rollen wird. Nur wird aus der Bundesliga künftig keine Folklore-Veranstaltung, sie bleibt knallhartes Milliarden-Business. Die DFL hat zwar nun genügend Zeit, steht aber vor der kniffligen Aufgabe, einen Nachfolger zu finden. Es wäre hilfreich, wenn auch der viele Eigenschaften Christian Seiferts hätte.