Essen. Auch der Sieg in der Ukraine wird von Kritik begleitet. Die Art der Reaktion von Bundestrainer Löw macht ihn zusätzlich angreifbar. Ein Kommentar

Als der Ukraine durch einen unnötig verursachten Elfmeter das Anschlusstor gelang, kamen automatisch die Zweifel zurück. Geht das etwa schon wieder schief? Reicht es erneut nur zu einem Unentschieden? Sogar nach einer klaren Führung gegen einen engagierten, aber limitierten und durch viele Coronafälle personell extrem geschwächten Gegner?

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Diesmal ging es gut, die deutsche Nationalmannschaft gewann nicht unverdient 2:1 und fuhr damit den lange überfälligen ersten Sieg in der Nations League ein, in der Testländerspiele mit Wettbewerbsfarbe angestrichen werden. Dennoch gelang es dem Team wieder nicht, für sich zu werben.

Schweinsteiger beklagt die Vernachlässigung des Mittelfeldes

„Man kann sich nicht mehr hundertprozentig mit der Nationalmannschaft identifizieren.“ Bastian Schweinsteiger hat das gesagt, der große Kämpfer aus dem WM-Finale 2014, jahrelang ein verlässlicher Profi für Joachim Löw. Inzwischen aber wird der frühere FC-Bayern-Star fürs Kritisieren bezahlt, und in seiner neuen Rolle als ARD-Experte sprach er, wenn auch auf Drängen von Moderator Alexander Bommes, den Bundestrainer direkt auf dessen Taktik mit drei Innenverteidigern an. Eine Taktik, die nicht nur nach Schweinsteigers Ansicht ein Defizit an Dynamik im Mittelfeld zur Folge hat. Löw sagte höflich, das sei auch intern ein Thema. Aber er hat in diesen Tagen mehrmals in aller Schärfe deutlich gemacht, dass er sich nicht beirren lasse und seine Vorstellungen durchziehe.

Für das fehlende Gleichgewicht kann Löw nichts

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Nun hat es schon seinen Grund, dass Joachim Löw seit mittlerweile 14 Jahren Bundestrainer und damit weltweit der dienstälteste Nationaltrainer ist und nicht etwa Lothar Matthäus, der nach dem 3:3 gegen die Türkei genörgelt hatte, dass taktische Fehler von Löw bei den Einwechslungen erneut den Sieg gekostet hätten. Wenn Löw entgegnet, er mache alles „aus voller Überzeugung“, dann ist das grundsätzlich in Ordnung. Indem er aber auch betont, es sei ihm egal, was andere sagen, geht er einen gefährlichen Weg. Den Weg der Ignoranz, der ihm leicht als Arroganz ausgelegt werden kann.

An einigen Entwicklungen ist er weitgehend schuldlos. Dass das deutsche Team nach wie vor weit von der Weltspitze entfernt ist, hat damit zu tun, dass es nicht ausgewuchtet ist: Mittelfeld und Angriff können sich sehenlassen, in der Abwehr stehen keine internationalen Spitzenkräfte zur Verfügung. Ja, Löw hat Mats Hummels aussortiert. Aber sonst?

Der Bundestrainer muss öffentlich cleverer kommunizieren

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Was auch gerne übersehen wird: Wir leben in besonderen Zeiten. Unter höchst unangenehmen Umständen musste die Nationalmannschaft mal eben in die Ukraine reisen. Auch von den völlig überlasteten Bayern-Spielern, die ja als große Retter auserkoren waren, durfte nicht ernsthaft erwartet werden, dass sie sich in einer solchen Partie wie selbstverständlich zu Glanzleistungen aufschwingen würden.

Löw weiß: Er muss erst bei der Europameisterschaft tatsächlich liefern. Bis dahin probiert er und improvisiert er. Was er aber nicht unterschätzen sollte, sind die schlechten Sympathiewerte für die Nationalmannschaft – daran hat sich seit der WM-Blamage von 2018 nichts geändert. Deshalb sollte er öffentlich geschickter reagieren, cleverer kommunizieren. Beim DFB gibt es schon genügend zerschlagenes Porzellan zu kitten.