Essen/Budapest. Bereits im Vorfeld des europäischen Supercups gab es Kritik an der Austragung im Corona-Hotspot Budapest. Im Netz war das Unverständnis groß.

Aus sportlicher Sicht hatte der europäische Supercup nicht die ganz große Bedeutung - inmitten eines wegen der Corona-Pandemie dicht gedrängten Terminkalenders zu Saisonbeginn. Der FC Bayern besiegte in der Verlängerung den FC Sevilla mit 2:1 und feierte das Quadruple. Mehr Diskussionsstoff bot da schon der Austragungsort Budapest. Die Uefa zog ihren Plan durch, 30 Prozent der 67.000 Plätze in der Puskas-Arena zu besetzen - trotz steigender Corona-Infektionszahlen in der ungarischen Hauptstadt.

Offiziell im Stadion waren nach Angaben der Uefa 15.180 Zuschauer, viele Anhänger beider Mannschaften hatten im Vorfeld bereits ihre Reisen storniert. Die Online-Ausgabe der ungarischen Tageszeitung "Nepszava“ berichtete am Tag danach, dass in der Verlängerung auf den Tribünen die Mindestabstände nicht eingehalten wurden. Bedenklich soll das Gedränge vor den Eingängen gewesen sein, wo viele Fans vor Öffnung der Stadiontore noch ohne Maske dicht an dicht standen. Schon während der Partie kritisierten viele Fans in den sozialen Netzwerken die Entscheidung des europäischen Fußballverbands, dass Zuschauer im Stadion zugelassen waren. Eine Übersicht.

Twitter-Reaktionen zum Zuschauerverhalten beim Supercup in Budapest:

Ein Twitter-Nutzer kritisierte die Austragung in Bezug auf das Coronavirus als "gefährlich". Er nahm auch die beiden Teams und die übertragenen Sender DAZN und Sky in die Pflicht. Von allen hätte er sich mehr Solidarität erhofft.

Aylin Bahrmann hatte vor dem TV beim Anblick des Spiels "ein komisches Gefühl wieder Fans nach Wochen im Stadion zu sehen und zu hören".

Ein anderer Nutzer kritisiert die UEFA dafür, dass bei der Austragung der Partie nur finanzielle Aspekte eine Rolle gespielt hätte. Das Endspiel hätte auch an einem anderen Ort stattfinden können.

UEFA zieht positive Supercup-Bilanz

Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hingegen bedankte sich nach dem Spiel bei der UEFA für eine "professionelle Durchführung. Das war ein wichtiger Schritt zurück zur Fußballkultur, zu Emotionen und Atmosphäre im Stadion."

Auch die UEFA zog einen positive Bilanz. Der offizielle Match-Report verzeichnete keine Zwischenfälle. Präsident Alexander Ceferin war den Kritikern des Pilotprojekts noch einmal "politische Kampagnen" vor. „Glaubt nicht, dass wir das wegen des Geldes tun. Es kostet mehr, als wir einnehmen“, beteuerte der Slowene. Es sei „immer das Einfachste, nichts zu tun und abzuwarten. Dann machst du keine Fehler, aber dann bewegt sich auch nichts.“

Oberbürgermeister von Budapest wollte hinter verschlossenen Toren spielen

Sogar für FCB-Coach Hansi Flick waren im Vorfeld die Umstände „eine Sache, die man nicht ganz versteht“. Zustimmung bekam er von Bundestrainer Joachim Löw: „Ich halte es grundsätzlich ein bisschen für das falsche Signal, dass man da in einem Risikogebiet jetzt so viele Zuschauer zulässt.“

Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, hatte aus Anlass des Supercups zwischen Bayern München und dem FC Sevilla (2:1 n.V.) am Donnerstag im Risikogebiet Budapest Kritik am deutschen Rekordmeister geübt. „Der Fußball scheint offenbar Narrenfreiheit zu genießen“, sagte er der Passauer Neuen Presse und betonte: „Das ist kontraproduktiv und ein falsches Signal.“

Selbst in Budapest war man sich nicht einig, ob es verantwortungsbewusst ist, in der aktuellen lage bereits jetzt Zuschauer in die Arena zu lassen. Gergely Karacsony, grün-liberale Oberbürgermeister, sagte: „Hätte ich die rechtlichen Möglichkeiten, das zu entscheiden, würde ich das Match hinter geschlossenen Toren stattfinden lassen.“ Doch Ungarns rechtsnationaler Präsident Viktor Orban und die Uefa wollten es anders.

UEFA nach Supercup: Baldige Entscheidung über Fan-Frage

Nach dem umstrittenen Pilotprojekt beim Supercup-Sieg des FC Bayern München gegen den FC Sevilla will die UEFA vermutlich noch in der kommenden Woche eine Entscheidung über künftige Fan-Regularien treffen. Rund um die Auslosung zur Champions League am Donnerstag in Nyon könnte demnach entschieden werden, ob auch in der Fußball-Königsklasse und in den anstehenden Länderspielen im Oktober wieder Zuschauer Zutritt zu den Stadien bekommen, hieß es am Freitag aus Verbandskreisen. Eine Festlegung müsste das Exekutivkomitee in einer Video-Konferenz treffen.