Budapest. In seinem wohl letzten Spiel für den FC Bayern ist Javi Martinez zum Matchwinner geworden. Die Münchener besiegen Sevilla in der Verlängerung.

Javier Martínez blickte beinahe ungläubig in den Himmel, er lachte das Lächeln eines glückseligen Fußballers, der seine Münchner Geschichte zu einem fast schon kitschigen Ende gebracht hatte. Sein Kopfball am Donnerstagabend zum 2:1 gegen den FC Sevilla in der 104. Minute des Spiels um den Uefa-Supercup bescherte dem FC Bayern den vierten Titelgewinn des Jahres. Und das im wohl letzten Einsatz des eingewechselten Martínez, 32, der nach acht Jahren in München kurz vor seiner Rückkehr zu seinem Heimatverein Athletic Bilbao steht. Lucas Ocampos hatte Sevilla zunächst per Foulelfmeter in Führung gebracht (13.), ehe Leon Goretzka ausglich (34.).

Schon 2013 hatte Martínez im damaligen Supercup-Endspiel gegen den FC Chelsea in der Nachspielzeit der Verlängerung mit seinem Tor zum 2:2 den Sieg durch ein 5:4 im Elfmeterschießen ermöglicht. Nun traf er wieder entscheidend in der Verlängerung und sorgte für eine ganz besondere Pointe. Und auch für ein Novum des Trainers Hansi Flick, der nun als erster alle vier Titel in Bundesliga, Pokal, Champions League und Uefa-Supercup in einem Jahr gewonnen hat. Das hatte noch nicht einmal Jupp Heynckes geschafft, der 2013 nach dem Triple an Pep Guardiola übergeben hatte.

Finalort Budapest war umstritten

Sehr umstritten war der Vergleich zwischen den Bayern als Gewinner der Champions League und Sevilla als Gewinner der Europa League wegen der angespannten Corona-Lage im Spielort Budapest gewesen. Doch Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident Viktor Orban und die Uefa hatten daran festgehalten, 20.000 Zuschauern oder 30 Prozent der Stadionkapazität im offiziellen Risikogebiet zuzulassen. Gekommen waren 15.180, viele Fans hatten ihre Reisen storniert. Auch beim FC Bayern war Unverständnis über diesen „Testballon“ der Uefa angeklungen, vor allem bei Flick. Kurz vor dem Anpfiff verdeutlichte der Münchner Trainer erneut sein Unbehagen bei der Frage, ob er als Fan nach Budapest gereist wäre. „Ich glaube, ich wäre nicht gefahren“, sagte er bei Sky. Sportvorstand Hasan Salihamidzic ergänzte zur Entscheidung für die Austragung im Risikogebiet, zumal mit Zuschauern: „Ob das richtig ist oder nicht, werden wir in den nächsten Tagen sagen können.“

Für den sportlichen Teil der Veranstaltung hatte Flick nur einen Wechsel im Vergleich zum 8:0-Auftaktsieg in der Bundesliga gegen Schalke vorgenommen. Abwehrchef David Alaba begann nach seinen abgeklungenen Beschwerden im Oberschenkel statt Jérôme Boateng. Linksverteidiger Lucas Hernández durfte erneut statt Alphonso Davies beginnen.

Sevilla bekommt Foulelfmeter zugesprochen

Dass Sevilla es den Bayern nicht so leicht machen wird wie die Schalker, war rasch zu erkennen. Gut organisiert, robust in den Zweikämpfen und technisch beschlagen ging die Elf von Trainer Julen Lopetegui ihr erstes Pflichtspiel der Saison an. Und auch mit Cleverness, sogar mit der eines früheren Schalkers, der nach sechs Jahren beim FC Barcelona jüngst zu Sevilla gewechselt war. Einen Rempler von Alaba im Strafraum nutzte Ivan Rakitic zu einem Sturz, den der englische Schiedsrichter Anthony Taylor großzügig als elfmeterwürdig bewertete.

Die Bayern erhöhten nach dem ungewohnten Rückstand durch den von Ocampos verwandelten Strafstoß zunehmend den Druck durch ihren offensiven Pressingstil. Chancen ergaben sich durch Thomas Müller, Benjamin Pavard und Robert Lewandowski, die sie jedoch jeweils zu unpräzise abschlossen. Umso hochwertiger war der Ausgleich herausgespielt, und schon der Impuls dafür geriet sehenswert. Müller passte per Außenrist auf Lewandowski, der mit dem Rücken zum Tor zurücklegte und sah, wie Goretzka ebenso bedacht mit der Innenseite einschoss. Es war ein verdienter Ausgleich gegen einen FC Sevilla, der sich durchaus ähnlich widerstandsfähig wie am 21. August in Köln bei seinem sechsten Gewinn der Europa League durch den 3:2-Sieg gegen Inter Mailand präsentierte.

Die Münchener wurden unpräzise

Das zeigte sich auch zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Bayerns Torwart Manuel Neuer gegen jenen Luuk de Jong retten musste, der früher für Borussia Mönchengladbach gestürmt hatte. Die Münchner antworteten mit einem äußert hübsch herausgespielten Tor von Lewandowski, das allerdings wegen einer vorangegangenen Abseitsposition zurückgenommen wurde. Und auch Leroy Sanés Tor bald danach zählte nicht, weil Lewandowski zuvor gefoult haben soll. Der FC Bayern drückte und blieb überlegen, der FC Sevilla allerdings auch ein wehrhafter Gegner, der auch deshalb nur noch wenig zuließ, weil die Münchener zunehmend unpräzise anliefen. Glück hatten sie zudem bei einem Konter, als Neuer gegen den allein auf ihn zulaufenden Youseff En-Nesyri rettete (87.). In der Verlängerung musste er dafür erneut gegen den Marokkaner sogar die Hilfe des Pfostens in Anspruch nehmen (92.). Doch dann traf ja Martínez in der Verlängerung.