Essen. Bundestrainer Joachim Löw beklagt die Überlastung der Spieler. Verbände und Vereine aber wollen nicht auf Einnahmen verzichten. Ein Kommentar.

Dieses ärgerliche Gegentor in der sechsten Minute der Nachspielzeit könnte natürlich auch damit zu tun gehabt haben, dass Joachim Löw zuvor zwei Abwehrspieler für zwei Stürmer einwechselte. Die Taktik, die Führung ohne eigene Entlastungsangriffe über die Zeit zu bringen, ging nicht auf. Der Bundestrainer aber begründete den späten Ausgleich der Spanier mit der erkennbaren Überlastung einiger seiner Spieler, was im ersten Moment natürlich seltsam klingt, weil es sich schließlich um das erste Nations-League-Spiel der gerade erst beginnenden Saison handelte.

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Auch wenn Löw damit vom selbstgewählten Risiko ablenkte: Grundsätzlich hat er natürlich recht. In diesem Sommer wurden statt einer längeren Pause nach den nationalen Wettbewerben noch die europäischen entschieden. Einige Nationalspieler hatten zu wenig Urlaub, anderen fehlt in der Vorbereitungszeit noch der Rhythmus, manche sind nach Verletzungen noch nicht wieder bei hundert Prozent. Dass die Uefa stur bei drei Auswechslungen blieb, ist ein großes Ärgernis.

Löw fürchtet Langzeitauswirkungen durch „Hammerprogramm“

Löw hat bereits die Europameisterschaft im nächsten Jahr im Blick und fürchtet bei dem von ihm als „Hammerprogramm“ bezeichneten Spielkalender Langzeitauswirkungen. Tatsächlich sind die Top-Spieler im Dauereinsatz, Löw wird immer mal wieder die Belastungen dosieren und sein Team umbauen müssen – er hat ja jetzt schon auf einige Bayern-Stars verzichtet.

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Das ist natürlich alles andere als optimal. Aber wenn sich der Bundestrainer über zu viele Spiele in zu kurzer Zeit beklagt, über diesen „wahnsinnig vollen“ Terminkalender, dann attackiert er auch seinen eigenen Arbeitgeber. Der Deutsche Fußball-Bund hat für Oktober und November neben je zwei Nations-League-Spielen noch zwei weitere Länderspiele gegen die Türkei und gegen Tschechien vereinbart. Es geht nicht um Gesundheit, es geht ums Geld.

DFB nennt Länderspiele eine „Lebensversicherung“

DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius nannte die Länderspiele eine „Lebensversicherung“ für den Verband. Auch diese Sichtweise hat ihre Berechtigung. Wenn man aber bewusst dem wirtschaftlichen Aspekt alles unterordnet, dann muss man sich über die Konsequenzen im Klaren sein. Löws düstere Prophezeiung, dass die Top-Profis im nächsten Frühjahr „ausgelaugt“ sein werden, hat also auch hausgemachte Gründe. Mutig, dass sich der Bundestrainer die Freiheit nimmt und das klar anspricht. Aber es wird nichts nützen. Der Profifußball hat sich längst entschieden. Er will reich bleiben.