Essen. Fußballerinnen der SGS Essen treffen auf den VfL Wolfsburg. Viele Nationalspielerinnen treten letztmals für ihren Klub an – auch Marina Hegering.

In ihrem zweiten Leben als Fußballspielerin überschlagen sich die Ereignisse. Nun steht Marina Hegering am Samstag mit der SGS Essen im Finale um den DFB Pokal (16.45 Uhr/ARD). Ein weiterer Meilenstein, nachdem sie vor einem Jahr mit den deutschen Frauen bei der WM in Frankreich gespielt hatte. Es wird ihr letzter Auftritt im Trikot der Essenerinnen sein, bevor sie im Sommer zum FC Bayern wechselt. Pokalfinale, WM, Wechsel zu einem Bundesliga-Schwergewicht – es sind Stationen, die in den Lebensläufen vieler Nationalspielerinnen schon im jungen Alter zu finden sind. Marina Hegering aber ist inzwischen 30 Jahre alt. Sie ist eine Spätstarterin, die noch einmal zur Senkrechtstarterin wurde. Eine Kämpferin war sie schon immer. Schon in ihrem ersten Leben als Fußballerin.

Pokalfinale in Köln, die SGS Essen spielt gegen den VfL Wolfsburg. Auf der einen Seite die Frauen aus dem Essener Stadtteil Schönebeck, einer der wenigen verblieben Klubs in der Frauen-Bundesliga, die nicht unter dem Dach eines Männer-Bundesligisten bestehen. Die in den vergangenen Jahren sportlich überraschten, die stets vorne mitspielten du so manche Nationalspielerin aufbauten. Auf der anderen Seite der VfL Wolfsburg. Amtierender Meister nach einer Saison ohne eine einzige Niederlage, überhaupt Meister der jüngsten vier Jahre, zum sechsten Mal in Folge im Pokalfinale stehend, fünfmal in Folge dort auch siegreich. Ein Team voller Nationalspielerinnen diverser Nationen. Essen, der selbsternannte „Ausbildungsverein“ für junge Talente und Bundesligafünfte gegen Wolfsburg, den deutschen Dominator. David gegen Goliath.

Hegering verschwindet von der großen Bühne

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Alles spricht für die Niedersachsen an diesem Samstag im Müngersdorfer Stadion, in dem sich im vergangenen Jahr 17.000 Zuschauer einfanden, das diesmal aber nahezu leer sein wird. Und was spricht für die Essenerinnen? „Während der Saison rechnen wir gegen Wolfsburg ehrlich gesagt nie drei Punkte ein. Aber das ist jetzt ein Pokalendspiel: Wir können mit einem Sieg den Titel gewinnen“, sagt Marina Hegering.

Sie hat schon Titel gewonnen, einige sogar – in ihrem ersten Leben als Fußballerin. Da galt die Marina Hegering als eines der größten Talente des deutschen Fußballs. Die Bocholterin durchlief sämtliche Jugendnationalteams, gewann mit dem Bundesligisten FCR Duisburg zweimal den DFB-Pokal und führte die deutsche U20 mit der Kapitänsbinde am Arm zum WM-Titel 2010. Doch dann verschwand Marina Hegering von der großen Bühne.

Nun folgt der Abschied

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Sie kämpfte in dieser Zeit nicht weiter auf dem Rasen um den Ball, sondern mit einer hartnäckigen Fersenverletzung. Viele Jahre lang, Wundheilungsstörungen und zusätzliche Achillessehnenprobleme verhinderten immer wieder eine Rückkehr. 2017 heuerte sie schließlich in Essen an, wollte es noch einmal versuchen. In den zurückliegenden Jahren hatte sie sich selbst das Gitarrespielen beigebracht, hatte in der Reha geschuftet und sich auf ihren Beruf als kaufmännische Angestellte in einer Baufirma in Heiden konzentriert. Nun lebte sie drei Jahre lang zwischen zwei Welten: Den Acht-Stunden-Tage in der Firma folgten Training und Spiele. Sie spielte in der Bundesliga, war aber kein Profi. Dennoch fand die Abwehrspielerin mehr und mehr zu alter Stärke, Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, einst Hegerings Trainerin in Duisburg, holte sie 2019 ins Nationalteam, mit 28 Jahren absolvierte Hegering schließlich ihr erstes A-Länderspiel. Bei der WM gehörte sie als Abwehrchefin zu den Leistungsträgerinnen. Und nun: der Abschied.

Das Pokalfinale wird Marina Hegerings letzter Auftritt als Spielerin der SGS sein, mit inzwischen 30 Jahren wird sie Vollprofi beim FC Bayern. Hegering lacht laut, als sie auf den späten Berufswechsel angesprochen wird. „Wenn ich es jetzt nicht mache, dann mache ich es nie mehr. In meinem Alter habe ich meine Karriere ja nicht mehr wirklich vor mir. Dass ich noch einmal diese Möglichkeit bekommen habe – da konnte ich einfach nicht Nein sagen.“

Weitere Nationalspielerinnen gehen

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Doch nicht nur für Marina Hegering wird es die Abschiedsvorstellung. In der Gevelsbergerin Lena Oberdorf (VfL Wolfsburg), die bei der WM vor einem Jahr Frauenfußball-Legende Birgit Prinz als jüngste deutsche WM-Spielerin abgelöst hatte, Lea Schüller (FC Bayern) und Turid Knaak (Ziel unbekannt) verlassen auch die weiteren aktuellen Nationalspielerinnen den Essener Klub. Es sind Zeiten des Umbruchs, es ist die Zeit der Abschiede. Was wäre da schöner, als ein Pokalsieg zum Abschluss? „Dass wir das letzte Mal in dieser Konstellation zusammenspielen werden“, sagt Hegering, „das setzt noch einmal zusätzliche Energien frei.“