Essen/Bremen. Kultmoderator Arnd Zeigler erwartet bei Geisterspielen kuriose Szenen und bizarre Torjubel. Für eine Gehaltsobergrenze empfindet er Sympathie.

Arbeiten im Homeoffice – das ist für viele eine neue Erfahrung. WDR-Moderator Arnd Zeigler kennt das bereits. Der 54-Jährige produziert in seiner Bremer Wohnung die Sendung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ und widmet sich jeden Sonntag den Kuriositäten der Bundesliga. Reichlich Stoff für seine Show erwartet er auch bei den kommenden Geisterspielen. Im Interview mit der Sonntagszeitung spricht der Stadionsprecher und Fan des SV Werder Bremen über Humor in der Krise, seinen nicht ganz erstzunehmenden Traum vom Bundesliga-Debüt und über die Zukunft des Fußballs.

Herr Zeigler, am kommenden Wochenende geht die Bundesliga wieder los. Wie sehr haben Sie den Fußball vermisst?

Arnd Zeigler: Natürlich hat mir der aktuelle Fußball gefehlt. Aber ich habe in den letzten Wochen meine Sendung mit Rückblicken auf die frühen Bundesligajahre überbrückt. Und es hat mir Spaß gemacht, mich mal losgelöst von der Hektik mit Fußball befassen zu können.

"Viele Profis pflegen positiven Umgang mit dem Thema Corona"

Was wird in ein paar Jahren in einem Rückblick auf die Corona-Zeit zu sehen sein?

Grundsätzlich stand ich zuletzt immer vor einem Haufen an Videos, die Spieler bei sich zu Hause aufgenommen haben. Wenn man das Beispiel Kalou ausklammert, konnte man merken, dass viele Profis einen kreativen und positiven Umgang mit dem Thema Corona pflegen. Das ist mir am stärksten in Erinnerung geblieben.

Mit welchen Gedanken haben Sie das Kabinen-Video von Hertha BSC-Spieler Salomon Kalou angeschaut?

Mich haben die Aufnahmen an das Skandalvideo von Luke Mockridge im ZDF-Fernsehgarten erinnert. (Anmerkung d. Redaktion: Der Komiker machte sich unter anderem über alte Menschen lustig und imitierte Tierlaute) Damals dachte ich mir: Verdammt, da muss irgendwas dahinterstecken, was wir alle nicht wissen. Im Kalou-Video waren alle Bereiche drin, an denen man sich reiben kann: Gehaltsverzicht, Stimmung beim Arzt und das Abklatschen in der Kabine.

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Ihre Sendung läuft aktuell nicht im Fernsehen, sondern auf Youtube. Inwieweit haben sich durch Corona die Produktionsabläufe verändert?

Normalerweise kommt ein Redakteur extra aus Köln zu mir nach Bremen ins Studio. Derzeit kommunizieren wir aber nur über Facetime. Der Techniker ist allerdings weiter bei mir vor Ort und sitzt in der Küche. Er muss sich auch nicht um die Kamera kümmern, denn die ist ferngesteuert.

Wieviel Humor ist eigentlich aktuell erlaubt?

Die Zuschauer sehnen sich nicht nach einem Trauerprogramm. Im Gegenteil: Sie sind dankbar, wenn sie in der aktuellen Zeit mal lachen können.

"Jedes bisschen Normalität kann helfen"

Sie sind auch Stadionsprecher beim SV Werder Bremen. Mal ganz boshaft gefragt: Ist Ihr Job ohne Zuschauer nicht überflüssig?

Das hat man mich schon oft gefragt (lacht). Ich denke, dass vor allem den Zuschauern am Bildschirm jedes bisschen Normalität helfen kann. Natürlich wird vor den Spielen kein Showprogramm stattfinden. Fußball in totaler Stille wäre aber schlimm.

Die Ansetzung von Geisterspielen wurde vor allem von Teilen der Fanszenen kritisiert.

Viele Fans haben das Gefühl, dass die DFL mit Geisterspielen beweisen will, dass es auch ohne sie geht. Das Gegenteil ist aber der Fall: Man wird an den Spielen erst merken, wie wertvoll die Fans sind.

Wie wird die Stimmung im Stadion sein, wenn Werder am Montag gegen Bayer Leverkusen nach fast einem halben Jahr endlich wieder ein Bundesliga-Heimtor schießt?

Ich denke, dass vor allem die Beschränkung beim Torjubel bizarr wird. Oft haben ja Spieler etwas einstudiert. Ab sofort müssen sie anders funktionieren. Auch das Umarmen nach Toren wird es nicht geben.

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Die DFL hat nicht nur Vorgaben fürs Jubeln aufgestellt, sondern die Vereine coronabedingt auch dazu angehalten, einen großen Kader bereitzustellen. Sind Sie schon darauf vorbereitet, dass der Verein Sie als Spieler benötigt?

Manchmal träume ich davon, dass ich bei einem Bundesligaspiel zehn Minuten mitspielen darf. Ich habe allerdings auch schon davon geträumt, dass ich mich dabei so schlecht anstelle, dass ich einen Anruf von einem Mediziner bekam. Der hat mir dann erklärt, dass mein Bewegungsablauf auf einen Gehirnschaden hindeuten würde. Daher würde ich besser meinen Sohn schicken. Der ist 19 Jahre alt, groß, athletisch und ein guter Fußballer.

Zeigler: Sympathie für Obergrenzen, aber Zweifel

Durch Corona entsteht für alle Vereine ein finanzieller Verlust. Was denken Sie über die Vorschläge von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert? Er regte unter anderem eine Obergrenze für Ablösen an.

Dafür habe ich große Sympathie. Aber es wird nicht umsetzbar sein. Jeder weiß, wie man das ganz einfach umgehen kann. In der früheren Bundesliga-Zeit gab es für Ablösesummen eine Beschränkung. Gebracht hat es kaum etwas.

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Die Krise trifft auch einen Verein wie Werder Bremen, der über Jahre hinweg für vorbildliches Wirtschaften stand.

Wenn ein Klub sein Tafelsilber verkaufen muss, dann brechen die Preise ein. Das Problem hat aktuell jeder. Ein geschlossenes System fährt gerade herunter. Für Werder Bremen ist das insofern bitter, als dass der Verein nie Schulden gemacht hat. Jetzt musst du gezwungenermaßen von diesem Weg abweichen. Möglicherweise sind auch unpopuläre Maßnahmen gefragt, über die man vorher nicht nachgedacht hätte.

Könnte der SV Werder sportlich von der Pause profitieren?

Für Werder ist das fast wie ein Saisonstart, wo die Vergangenheit erstmal keine Rolle mehr spielt. Das merkt man auch den Spielern und Trainer Florian Kohfeldt an. Sie brennen darauf, dass es wieder losgeht.