Essen. Jürgen Klinsmann hat gut zwei Wochen nach seinem Rücktritt als Hertha-Trainer eine Schlammschlacht eröffnet. Das ist stillos. Ein Kommentar.
Eine neue Erkenntnis ist das nicht: Kein Verein läuft den Erwartungen in der laufenden Bundesliga-Saison so weit hinterher wie Hertha BSC. Über 100 Millionen wurden dank des neuen Geldgebers Lars Windhorst in die Mannschaft investiert. Es sollte mittelfristig in Richtung Europa gehen. Nach dem peinlichen 0:5 gegen den 1. FC Köln steckt der Hauptstadtklub im Abstiegskampf. Die anhaltende sportliche Erfolglosigkeit hat Gründe, die so schnell wie möglich aufgearbeitet werden müssen. Jürgen Klinsmann, ein ehemaliger Trainer, der nur zehn Wochen im Amt war und sich auf eine peinliche Art und Weise aus dem Staub machte, hat jedoch nicht das Recht, seine Sicht der Dinge öffentlich zu schildern.
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Vermeintliche Probleme des Klubs wurden nun aber angesprochen. Wenn die Hertha daraus ihre Schlüsse zieht und sich bald in die richtige Richtung bewegt, könnte die Klinsmann-Posse noch etwas Positives nach sich ziehen.
Zunächst muss Hertha BSC im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga dafür sorgen, dass sich die neue Unruhe nicht auf das Spielfeld überträgt. Dies zu verhindern, wird keine leichte Aufgabe. Mit seiner 22-seitigen Abrechnung, die der Sportbild kaum zufällig in die Hände fiel, nimmt Klinsmann in Kauf, dass das Chaos bei der Hertha eine neue Dimension erreicht. Der Weltmeister von 1990 wirft dem Verein Inkompetenz und eine „Lügenkultur“ vor. Ausgerechnet jener Trainer, der seinen Abschied via Facebook verkündet hatte, holt zum Rundumschlag aus. Und das mit einer unerträglichen Arroganz gegenüber Spielern und Mitarbeitern des Vereins. Zwölf Punkte aus zehn Spielen unter seiner Führung lassen ihn zu der Erkenntnis kommen, dass der Klub ohne ihn "direkt in die 2. Liga abgestiegen" wäre.
Die Tür zur Fußball-Bundesliga ist für Jürgen Klinsmann zu
Klinsmann wollte sich offenbar für seinen Abgang rechtfertigen. Anders ist es nicht zu erklären, dass seine Hertha-Analyse auf dem Schreibtisch einer Redaktion landete. Doch statt sich in ein besseres Licht zu rücken, hat er seinen Ruf als Egozentriker bestärkt.
Die Hertha sei ihm ans Herz gewachsen, hatte der Weltmeister gesagt. Diese Aussage verkommt nun zur Farce. Klinsmanns Verhalten ist beschämend und stillos. Im Ausland könnte er aufgrund seines Namens möglichweise noch auf eine Beschäftigung hoffen. Seine Zeit in der Bundesliga ist hingegen vorbei. Die Sympathien, die er sich während seiner großen Karriere erarbeitet hat, dürfte er bei vielen Fußballfans verspielt haben.