Essen. RB Leipzig spielt im vierten Jahr seiner Bundesliga-Zugehörigkeit ganz oben mit. Die Konkurrenz muss sich einiges einfallen lassen. Eine Kolumne.
Natürlich wissen sie, was sie tun, wenn sie so einen Tweet absetzen. Voller Stolz und Selbstbewusstsein, aber auch mit der Prise Provokation, über die man sich bei einem erfolgreichen Emporkömmling nicht wundern sollte. Die bei RB Leipzig für Kommunikation Verantwortlichen verwiesen in dieser Woche darauf, welch einen gigantischen Sprung ihr Fußball-Unternehmen, das in den Sozialen Medien als „DieRotenBullen“ firmiert, in den vergangenen zehn Jahren gemacht hat. Und das las sich dann so: „Dezember 2009: #DieRotenBullen sind Herbstmeister in der Oberliga. Dezember 2019: #DieRotenBullen sind Gruppensieger in der Champions League.“
Die Reaktionen fielen wie erwartet heftig aus. „Klingt wie ein Sohn, dessen Vater reich ist, und er prahlt damit, alles zu besitzen“, schrieb ein User. „Ein modernes Fußballmärchen“, höhnte ein anderer. Ein weiterer empfahl: „Schämt euch!“
Das Synonym für modernen Fußball
RB Leipzig, erfunden, installiert und gesponsert vom Energydrink-Hersteller Red Bull, ist das Synonym für modernen Fußball. Traditionslos, knallhart kommerziell und immer weiter expandierend. Für Konkurrenten bedrohlich, für Romantiker ein seelenloses Konstrukt. Nennt sich auch noch offiziell RasenBallsport, welch ein Zufall mit den Initialen.
Viele beklagen, dass hier durch clevere Schachzüge die 50+1-Regel, die im deutschen Fußball die Übernahme von Vereinen durch Investoren verhindert, unterlaufen werde. Aber: RB Leipzig ist da, und RB Leipzig wird bleiben. Im Namen der Dose.
Ein Freund aus dem Ruhrgebiet, der kurz nach der Wende nach Leipzig zog und dort immer noch lebt, weiß zu berichten, dass in der Stadt die Gefühle geteilt sind. „Die eine Seite freut sich einfach, dass es endlich wieder Profifußball gibt, und dazu noch erfolgreichen“, erzählt er. „Und die andere sagt: Gerne, aber nicht mit so einem Klub.“
Er selbst geht nur ab und zu ins Stadion, um guten Fußball zu sehen. Aber in einem Punkt legt er sich fest: „Ich bin kein RB-Fan, aber ich bin Leipzig-Fan. Das ist so eine geile Stadt, die braucht einfach einen Erstligisten.“
Im vierten Jahr ihrer Bundesliga-Zugehörigkeit spielen die Sachsen ganz oben mit, und in der Königsklasse sind sie in die K.o.-Runde eingezogen. Ohne das viele Geld von Red Bull wäre das alles undenkbar. Mit den üblichen Beschimpfungen allerdings lassen sich die Leipziger nicht aufhalten. Die anderen ambitionierten Bundesligisten müssen sich einiges einfallen lassen, wenn dieser Rivale nicht noch größer werden soll.
Rangnick setzt die Strategie perfekt um
Denn eines steht fest: Sportlich wird in Leipzig seit Jahren großartige Arbeit geleistet. Hochtalentierte Spieler wurden gekauft und weiterentwickelt, Ralf Rangnick setzte die Strategie perfekt um. Die Spielphilosophie sieht attraktiven Offensivfußball vor. Und auch der aktuelle Trainer passt zum System: Julian Nagelsmann ist erst 32 Jahre jung und hat noch ganz viel vor.
Viele Fußballfans wollen es noch nicht wahrhaben. Aber: Leipzig kann schon in dieser Saison Meister werden. Ein schrecklicher Gedanke? Ein realistischer allemal.