Dortmund. Barcelona-Torhüter ter Stegen macht seinen Unmut über seine Ersatzrolle beim DFB öffentlich. Der Auftritt dürfte ihm schaden. Ein Kommentar.

Seine Nationalmannschafts-Karriere hat Marc-André ter Stegen mit seinem Auftritt vom Dienstagabend nicht entscheidend vorangetrieben, eher im Gegenteil. Dass er das Verbalduell mit Manuel Neuer neu befeuerte, dürfte beim DFB und insbesondere beim Trainerteam alles andere als gut ankommen.

Ter Stegen bezeichnet Neuers Aussagen als "unnötig"

Aber was ist eigentlich passiert? In Kurzform: Ter Stegen war nach der zurückliegenden Länderspielreise frustriert, dass er nicht zum Einsatz kam und äußerte das auch öffentlich. Manuel Neuer gab zurück, dass er davon wenig hielt und sich mehr Teamgeist wünschte. Worauf wiederum ter Stegen einen Tag vor dem Champions-League-Spiel bei Borussia Dortmund (21 Uhr/Sky) erwiderte, dass Neuer nichts zu seinen Gefühlen und Gedanken sagen müsse und dass dessen Aussagen unnötig seien.

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Rumms – dem Boulevard hatte er damit die nächste Schlagzeile geliefert, aber auch die hochseriöse Deutsche Presse-Agentur kam nicht um die Bewertung herum, dass ter Stegen die Auseinandersetzung zwischen Deutschlands besten Torhütern weiter angeheizt habe. Dabei kann man die Aussagen des Stammtorhüters vom FC Barcelona inhaltlich ja durchaus nachvollziehen: Wer einen offenen Konkurrenzkampf propagiert, muss diesen auch zulassen, muss also ter Stegen Einsatzchancen gewähren. Und wenn er diese nicht bekommt, dann darf er auch enttäuscht sein. So weit, so gut.

Das Timing allerdings stimmt nicht: Vor der WM 2018 konnte man mit einigem Recht kritisieren, dass Löw ungeachtet aller Umstände an Manuel Neuer festhielt, dem nach einer langen Verletzungspause jegliche Spielpraxis fehlte. Inzwischen aber hat der Bayern-Torwart längst wieder die gewohnte Topform erreicht, liefert starke Auftritte in Serie ab. Vor allem aber die Art und Weise und die Vehemenz, mit der ter Stegen sein Anliegen vortrug, dürfte zum Problem für ihn werden. Denn man muss ja davon ausgehen, dass dem Torhüter am Montag kein emotionaler Gefühlsausbruch passiert ist, dass er unbedingt sagen wollte, was er am Ende sagte. Er hätte es ja verhindern können, dass er auf der Pressekonferenz vor dem Spiel bei Borussia Dortmund auftreten würde – in einem deutschen Stadion, vor deutschen Journalisten, die ihn natürlich zur Nationalmannschaft befragen würden. Aber es war ter Stegen erkennbar ein Bedürfnis, sich noch einmal zu äußern.

Der Teamgeist ist Bundestrainer Löw sehr wichtig

Wer Bundestrainer Joachim Löw kennt und weiß, wie wichtig ihm der Teamgeist ist, der ahnt, dass ter Stegen seinem Standing damit geschadet hat. Neuer ist Löws Kapitän, ohne Not wird er ihn nicht absägen. Wenn nichts vollkommen Überraschendes passiert, wird Neuer auch bei der Europameisterschaft 2020 die Nummer 1 im deutschen Tor sein.

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Und dann wird sich Löw sehr genau überlegen, ob er einen Ersatzmann mitnimmt, der seinen Unmut über seinen Status schon mehrfach öffentlich artikuliert hat – und damit den Teamfrieden gefährdet. Deutlich wahrscheinlicher ist da die Variante, dass zwei Torhüter nominiert werden, die sich mit ihrer Rolle hinter Neuer zumindest öffentlich zufrieden geben. Und in Bernd Leno und Kevin Trapp gibt es ja durchaus konkurrenzfähige Alternativen.