Paris. Trotz des Aus gegen ManUnited spricht sich der PSG-Boss für Thomas Tuchel aus. Doch der Blick in die Vergangenheit gibt Anlass zur Skepsis.

Ratlos saß Thomas Tuchel vor den Mikrofonen und versuchte das Geschehene einzuordnen. Dass er sich damit so kurz nach dem Schlusspfiff schwer tat, daraus machte der deutsche Trainer von Paris Saint-Germain keinen Hehl. „Ich habe keine Worte dafür, ich kann es nicht erklären“, sagte der 45-Jährige über die bittere Niederlage im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League. Mit 1:3 (1:2) hatte seine Mannschaft zuhause gegen Manchester United verloren – und musste sich damit trotz eines 2:0-Sieges im Hinspiel abermals frühzeitig aus dem Wettbewerb verabschieden.

„Manchester United hat drei Tore geschossen, ohne überhaupt anzugreifen. Drei Tore aus einer einzigen Chance. Es ist schwierig, das zu analysieren. Vielleicht sogar unmöglich“, sagte Tuchel konsterniert. Der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund sollte die begehrteste Trophäe im Klubfußball nach Paris holen – und die Ansprüche erfüllen: Mehr als eine halbe Milliarde Euro hatte PSG in den vergangenen drei Jahren in neue Spieler investiert. Dank Geld aus dem Emirat Katar konnte sich der Klub Stars wie Neymar (222 Millionen) und Kylian Mbappé (180 Millionen) leisten. Auch Julian Draxler und Thilo Kehrer, beide einst bei Schalke 04 unter Vertrag, wechselten nicht gerade für Kleingeld an die Seine.

PSG-Klubboss Al-Khelaifi will einen kühlen Kopf bewahren

Tuchel hat nach dem Aus mit diesem sündhaft teuren Kader nun ein Problem, auch wenn die Aussagen von Klub-Präsident Nasser Al-Khelaifi anderes vermuten lassen. Der sprach von einem „Schock für uns alle“, betonte aber, aktuell keinen Anlass für personelle Veränderungen zu sehen. „Wir werden jetzt nicht vorschnell handeln, nur weil wir ein Spiel verloren haben“, sagte der Katari. „Ich habe Vertrauen in den Trainer und seine Entscheidungen.“ Es sei wichtig, jetzt einen „kühlen Kopf“ zu bewahren.

Die Erfahrung allerdings verrät: Wer als Trainer mit Paris in der Champions League scheitert, ist gefährdet. Carlo Ancelotti gewann 2013 mit dem Klub die Meisterschaft und musste trotzdem gehen. Laurent Blanc halfen selbst drei Meistertitel in Folge nicht. Und auch für Unai Emery war nach nur zwei Jahren Schluss. Der Gewinn der Meistertrophäe konnte sein Aus im Vorjahr nicht verhindern.

Die Meisterschaft allein ist in Paris nichts mehr wert

Die Luft also dürfte dünner werden für Thomas Tuchel – trotz einer starken Liga-Saison mit 17 Punkten Vorsprung auf den Tabellenzweiten. Jedoch würde vermutlich selbst der Crêpes-Verkäufer im Prinzenpark das aktuelle Starensemble zum Meistertitel führen. Für die Klubbosse zählt längst nur noch die Champions League.

Was Tuchel zugute kommen könnte: Das Aus gegen Manchester United war sehr unglücklich. Erst in der vierten Minute der Nachspielzeit verwandelte Angreifer Marcus Rashford den entscheidenden Elfmeter. Und der war sehr strittig: Schiedsrichter Damir Skomina ließ ein vermeintliches Handspiel von PSG-Innenverteidiger Presnel Kimpembe erst laufen, änderte nach minutenlangem Videostudium aber seine Meinung.

Neymars Aussetzer kommt Thomas Tuchel zugute

Das versetzte Superstar Neymar in Rage – kurz nach dem Schlusspfiff gab der verletzte Brasilianer via Instagram den Schiedsrichtern die Schuld am Scheitern: „Es ist eine Schande“, schrieb er, „da sitzen vier Leute, die keine Ahnung vom Fußball haben, und schauen sich eine Zeitlupe vor dem Fernseher an.“ Seinen Beitrag beendete Neymar schließlich mit einem nicht jugendfreien Wort.

Sich selbst hat er damit keinen Gefallen getan, womöglich aber seinem Trainer: Der Neymar-Ausbruch bestimmte am Tag nach der Pleite die Schlagzeilen – und nicht die Debatte um Tuchels Zukunft.