Essen. Die geplante europäische Super League will eine geschlossene Gesellschaft sein. Vorbilder gibt es im Football, Basketball und Eishockey.
Bedenkenträger gibt es viele, wenn es sich um eine mögliche europäische Super League im Fußball ab der Saison 2021/22 dreht. Auch am Wochenende nach den Enthüllungen durch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel gehen die Diskussionen darüber weiter, ob eine 16er-Liga mit den europäischen Topklubs mehr Sinn ergeben kann als die profane Gewinn-Maximierung auf dem Konto der ohnehin schon reichen Teilnehmer.
Die zum elitären Kreis der 16 Starter zählenden deutschen Lokomotiven, Bayern München und Borussia Dortmund, schworen zwar der Bundesliga ewige Treue. Immerhin relativierte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit Blick auf die ausländischen Mitstreiter: „Im Fußball halte ich alles für möglich. Am besten noch den Auf- und Abstieg abschaffen, dann hast du Planungssicherheit.“
Ob von Watzke nun wirklich ernst gemeint oder eher ironisch formuliert: Das Vorhaben der reichsten europäischen Fußball-Unternehmen, sich in einer Länder übergreifenden Liga zu vereinen, diese dann selbst zu verwalten, zu vermarkten, auch mit einem eigenen TV-Kanal, nach eigenen Regeln zu spielen, entspricht dem Grundgedanken der Profiligen in Nordamerika. Die National Football League (NFL) oder die National Basketball Association (NBA) entsprechen mit ihrer Liga-Struktur ohne Absteiger und mit Kanada grenzübergreifend in etwa der möglichen Superliga. Der europäische Fußball denkt, zumindest was das zu erwartende Kapital anbetrifft, sehr amerikanisch.
Ohne Auf- und Abstieg
Auf der anderen Seite des Atlantiks spielen Ligen jenseits des Colleges und der Profis sportlich, finanziell und medial schon seit den 60er-Jahren gar keine Rolle mehr. Der Nordamerikaner mag den darwinistischen Gedanken, nur die Stärksten zu sehen, nur das Beste zu bekommen. Er kennt Auf- und Abstieg nicht, nimmt immense Löhne für die Protagonisten anerkennend hin und erfreut sich im Gegenzug vieler Live-Spiele im frei empfangbaren Fernsehen. Das zahlt, ob höchster Einschaltquoten, gerade im American Football zehnstellige Summen pro Saison. Die schwerreichen Teambesitzer der NFL- und NBA-Mannschaften, meist Unternehmer, unterstützen zusätzlich. Nehmen als Geldgeber auf Entscheidungen aber einen deutlich größeren Einfluss, als das in der Bundesliga möglich ist.
Nationale Ligen schrumpfen
Die finanziellen Machtverhältnisse in Fußball-Europa sorgen indes auch ohne Super League auf kleiner Ebene seit einigen Jahren dafür, dass nationale Ligen arg schrumpfen. Kaum Spitzenspieler, kaum Sponsoren, kaum Fernsehgelder, gleich wenige Erstligisten – Bulgarien oder Rumänien spielen nur mit 14 Teams, kleine Nationen wie Lettland oder Armenien mit neun. Eine Super League könnte den Prozess auf größere Nationen ausdehnen. Juventus Turins Vorstandschef Andrea Agnelli bekräftigte gegenüber der britischen Tageszeitung Guardian, dass er für höhere Einnahmen auf Champions-League-Niveau gern auf einige Heimspiele in der Serie A verzichten würde.
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Die Idee einer paneuropäischen Profiliga wird in Russland schon seit zehn Jahren gelebt. Die Kontinental Hockey League (KHL) im Eishockey spielt auch in Helsinki (Finnland), Bratislava (Slowakei), Riga (Lettland) und Astana (Kasachstan) und gilt hinter der National Hockey League (NHL) als zweitstärkste Liga der Welt.
Profi-Eishockey in China
Das Produkt ist allerdings nur in Teilen erfolgreich. Ein eigener TV-Kanal mit Livespielen läuft sehr gut, das sportliche Niveau der Liga ist stark. Die Vermarktung über Grenzen hinaus bleibt ausbaufähig. Spitzenteams wie St. Petersburg, Kasan, Omsk, Ufa oder ZSKA Moskau werden von Erdgas- und Erdöl-Unternehmen weniger Oligarchen wie Gazprom, Tatneft und Rosneft gelenkt.
Ähnlich wie beim Teambesitzer-Prinzip im Fußball oder im nordamerikanischen Profisport geht es auch in Russland ohne Millionen-Subventionen nicht. Gleichwohl versucht die KHL seit 2016 mit Red Star Kunlun Peking die Expansion auf die Spitze zu treiben.
Doch die Chinesen nehmen das schnellste Spiel der Welt ebenso schleppend an wie einst den Fußball. Im Schnitt kommen nur knapp 2500 Zuschauer zu den Heimspielen – inklusive „Derby“ gegen Admiral Wladiwostok.