Madrid. Nach dem Rauswurf von Trainer Lopetegui verläuft die Nachfolgersuche schwierig. Als Hauptschuldigen haben die Fans aber einen anderen ausgemacht.
„Die größte Niederlage für Spieler ist es, wenn der Trainer gehen muss.“ Das hat einer geschrieben, der es wissen muss, Toni Kroos, vierfacher Champions-League-Sieger von Real Madrid, und er fügte hinzu: „Besonders in diesem Fall, weil er ein großer Trainer und großer Mensch war. Danke Julen!“
Wohlfeile Worte – die allerdings in scharfem Kontrast zur Darbietung beim Requiem dieses Trainers in Barcelona (1:5) stehen, nach dem Sergio Ramos von einer „hergeschenkten ersten Halbzeit“ sprach und Mittelfeldmann Casemiro die Mannschaft als „Desaster“ bezeichnete. Kapitän Ramos vergab gar ein „Like“ an den Instagram-Eintrag eines aufgebrachten Fans, der nicht nur die Mitspieler Thibaut Courtois, Nacho und Rapahel Varane namentlich attackierte, sondern auch festhielt: „Der Trainer wird entlassen, weil die Spieler ohne Motivation auftreten“. Dabei hatte Ramos selbst immer betont, man marschiere „bis zum Tod“ an der Seite von Lopetegui.
Conte zog sich in letzter Minute zurück
Szenen einer Chaoswoche. Bei Madrid weiß derzeit die rechte Hand nicht, was die linke tut, und jede neue Nachricht steht im Widerspruch zur letzten. Insofern passt nur ins Bild, dass trotz langer Wochen der Zweifel an Lopetegui bisher kein Nachfolger gefunden werden konnte. Der favorisierte Antonio Conte wies ein Angebot offenbar in letzter Minute zurück, als er von den Konditionen sowie dem Widerstand der Mannschaft erfuhr. „Respekt erzwingt man nicht“, hatte Ramos in Barcelona gewarnt: man sei mit weniger autoritären Trainertypen stets besser gefahren. Als die Scheidung von Lopetegui bekanntgegeben wurde, konnte Real daher nur die provisorische Beförderung des Argentiniers Santiago Solari von der zweiten Mannschaft vermelden.
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Für das größte Aufsehen sorgte denn auch eine Breitseite gegen Lopetegui, der daran erinnert wurde, dass aus einem Kader mit acht Nominierten für den Goldenen Ball des Fußballer des Jahres mehr herauszuholen sei. Die klubnahe „Marca“ sah in diesem „peinlichen“ und „grotesken“ Nachtreten einen „sehr schlechten Stil“. Ex-Vereinsprofi Juan José Maqueda, zugleich Schwager Lopeteguis, erklärte gar, sich zu „schämen, Madridista zu sein“. Laut einem Bericht des Radiosenders „Cadena Ser“ wiederum untersagte der Klub der offiziellen Fantribüne „Grada Fans“ den Wunsch, beim nächsten Heimspiel am Samstag gegen Valladolid einen Protest gegen die Mannschaft und insbesondere den so vorlauten wie formschwachen Ramos zu inszenieren. Der Klub soll befürchten, dass die Unmutsbekundungen auf das ganze Stadion überschwappen und sich dann auch gegen den Präsidenten Florentino Pérez richten könnten.
Solari konnte sich nicht gegen die Beförderung wehren
Eine Überraschung wäre das nicht, denn in Fanumfragen wird Pérez mit erdrückender Mehrheit als Hauptschuldiger der Krise genannt, weil er in den letzten Sommern zu viele Leistungsträger ziehen ließ, ohne sie adäquat zu ersetzen. Vor allem natürlich einen gewissen Cristiano Ronaldo, der in die angespannte Gemengelage just diese Woche mit einem Interview platzte, in dem er Pérez als Hauptgrund für seinen Abgang nannte („Er hielt mich nicht mehr für unentbehrlich“). Einen fähigen Trainer anzuwerben, wird unter solchen Bedingungen immer komplizierter. Selbst der zuletzt nur in Katar beschäftigte Michael Laudrup sagte offenbar ab. Sein Agent bestätigte der Sportzeitung „As“: „So wie Madrid derzeit geführt wird, ist es nicht der richtige Moment“. Privat soll Laudrup die sportliche Situation als „ruinös“ bezeichnet haben.
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Allein Solari konnte sich als Angestellter des Klubs und langjährige Bezugsperson von Pérez nicht gegen die Beförderung wehren. Der Argentinier hat mit 37 Prozent gewonnener Spiele den schlechtesten Schnitt aller Trainer von Reals Drittliga-Mannschaft. Gestern debütierte er im Pokalhinspiel beim Drittligisten Melilla und verzichtete dafür unter anderem auf Gareth Bale, Isco, Kroos und Luka Modric. Schonung? Oder Denkzettel? Am Samstag in der Liga wird man es erfahren. Dann kehrt endlich auch Ronaldo zurück ins Bernabéu. Ronaldo, der Ältere, der Brasilianer. Reals ehemaliger Torjäger präsidiert inzwischen den Gegner Real Valladolid.