Essen. Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann engagiert sich seit 2012 bei der Laureus Sport for Good Stiftung. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen.
Jens Lehmann (48) hat in seiner Karriere viel erlebt. Der frühere Torwart gewann mit Schalke 04 den Uefa-Pokal, wurde mit Borussia Dortmund und dem FC Arsenal Meister. Beim WM-Sommermärchen 2006 war er deutscher Stammtorwart. Später verstärkte Lehmann sein soziales Engagement – als Laureus-Botschafter. Mittlerweile ist er sogar Teil des Vorstandes.
Herr Lehmann, wie kamen Sie dazu, sich bei Laureus Sport for Good zu engagieren?
Jens Lehmann: Über die Kontakte, die ich zu meiner Zeit beim VfB Stuttgart gemacht habe, bin ich erstmals mit der Laureus-Stiftung in Berührung gekommen. Ich wusste, dass sie gut organisiert ist und die Mittel zu 100 Prozent bei den Projekten ankommen. Als ich dann gefragt wurde, ob ich Botschafter werden möchte, habe ich gerne zugesagt. Und bald darauf habe ich auch den Spaß entdeckt, die Projekte – speziell das Kicking-Girls-Projekt – zu besuchen.
Was waren Ihre ersten Eindrücke?
Lehmann: Das ist von Standort zu Standort unterschiedlich. Am Anfang war ich einmal in Bayreuth und habe da mit einer Gruppe Mädchen trainiert. Die waren alle ehrgeizig und nett, aber dann habe ich erfahren, dass eine von ihnen neulich noch an einem Überfall beteiligt war. Da lernt man einfach viel über die Probleme. Und auch über die Situation der Städte. Ich wusste zum Beispiel nicht, das Bayreuth einer der größten Drogenumschlagplätze für Crystal Meth ist.
Was war Ihnen bei der Auswahl der Projekte, die Sie unterstützen, wichtig?
Lehmann: Als ich 2012 dazu stieß war mir wichtig, ein Projekt zu fördern, das mit Fußball und mit Mädchen zu tun hat. Mit Mädchen deshalb, weil meine Tochter da gerade selber klein war. Da ich selbst nur mit einem Bruder aufgewachsen bin und bis dahin nur Söhne hatte, war das war also völlig neu für mich. (lacht)
Kicking Girls unterstützt Mädchen aus sozial schwachen Verhältnissen, indem ihnen durch den Fußball neue Perspektiven aufgezeigt werden. Gab es für Sie einen besonderen Moment bei Ihren Besuchen?
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Lehmann: In Braunschweig war ich einmal bei einer Gruppe von Mädchen mit Migrationshintergrund. Die waren zwischen acht und zwölf Jahren alt und sehr zutraulich, haben immer den Kontakt gesucht. Das fand ich sehr auffällig und habe dann erfahren, dass sie zu Hause nur wenig körperliche Zuneigung erfahren. Das teilweise gar nicht kennen. Da begreift man erstmal, in was für einer Situation sie sich befinden.
Sie waren Fußballprofi – erden solche Begegnungen?
Lehmann: Na klar erdet das. Aber damit hatte ich eigentlich nie ein Problem – ich komme schließlich aus dem Ruhrgebiet. (lacht)
Sie sind mittlerweile auch Vorstandsmitglied der Laureus Sport for Good Foundation. Was sind da Ihre Herausforderungen?
Lehmann: Es ist nicht so, dass die Laureus-Stiftung auf Rosen gebettet ist – von daher ist es wichtig, die Stiftung und ihre Botschaft öffentlich bekannt zu machen. Viele denken immer nur an die Laureus-Awards und an Mercedes. Um die Projekte in dem Maße fördern zu können, braucht es aber auch viele Spenden.
Sie sind auch mit der Auswahl der Botschafter betraut. Was ist bei der Auswahl entscheidend?
Lehmann: Wenn man das machen möchte, sollte man bereit sein, ein paar Mal im Jahr auch Projekte zu besuchen. Bei aktiven Sportlern ist das oft schwierig – gerade bei Fußballern. Dabei finde ich, dass das Engagement bei Laureus gerade für Fußballer wichtig ist. Sie sind eine Zeit lang in einer so anderen Welt, der soziale Unterschied ist immens. Wären bei Laureus aber nur Fußballer aktiv, wäre das furchtbar schade. Ich schätze sehr die regelmäßigen Begegnungen zum Beispiel mit dem früheren Skifahrer Franz Klammer, der wie ich Mitglied im Vorstand der Laureus-Stiftung ist.