Leverkusen. Die deutsche Nationalmannschaft hat das letzte Testspiel gegen Saudi-Arabien mit 2:1 gewonnen. Ilkay Gündogan wurde wieder ausgepiffen.

Joachim Löw schaute zornig zu den Zuschauern. Eigentlich war der Freitagabend für den Bundestrainer bis dahin angenehm verlaufen. Seine deutsche Nationalelf führte 2:0 im letzten Test vor der WM gegen Saudi-Arabien. Doch dann stand Löw in der 57. Minute an der Seitenlinie, um Ilkay Gündogan einzuwechseln. Als der in Gelsenkirchen geborene Sohn türkischer Eltern aufs Feld wollte, pfiff die überwiegende Mehrheit der 30 210 Zuschauer in der Leverkusener Arena. Löw drehte sich zum Publikum, zeigte, dass es in dieser Phase besser klatschen sollte. Doch das half alles nichts. Gündogan lief in die Pfiffe hinein, und sie sollten ihn bei jeder Ballberührung verfolgen.

„Dass ein Nationalspieler so ausgepfiffen wird, hilft niemandem“, sagte Löw nach dem Spiel. Die deutsche Mannschaft trägt die Affäre Gündogan/Özil also hinein in die am Sonntag in einer Woche für sie mit dem Auftaktspiel gegen Mexiko beginnende WM.

Bierhoff schimpft auf die Medien

Das war eine Erkenntnis aus der Generalprobe vor dem Turnier in Russland, die Löws Elf mit 2:1 (2:0) nach dem Treffer von Timo Werner (8. Minute), einem Eigentor von Osama Hawsawi (43.) und dem Anschlusstreffer durch Taiseer Al-Jassam (85.) gewann. Gündogan und Mesut Özil hatten sich Mitte Mai mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen, hatten Fotos gemacht und Trikots verschenkt. Das hatte zu einer Debatte über verfehlte Integration in Deutschland und einigen erwartbaren Verfehlungen aus der rechten Ecke geführt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hoffte, die Sache überwunden zu haben, nachdem sich zumindest Gündogan am Dienstag vor deutsche Medien erklärte. Ist sie offenbar nicht. Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff ging vor der Partie einen ARD-Reporter an: „Ihr beendet es doch nicht. Ihr bringt es doch jeden Tag wieder, weil ihr keine Themen habt.“

Erkenntnis Nummer zwei aus der Generalprobe: Löws Elf kann noch gewinnen. Allerdings nicht so glanzvoll, wie es viele gegen Saudi-Arabien erwartet hätten. „Wir haben so gut wie alles vermissen lassen. So ist es schwer“, kritisierte Sami Khedira den Auftritt. „Ich denke, dass wir einen guten Zwischenzustand haben und gut reingekommen sind. Dann haben uns die Coolness und Cleverness gefehlt. Man muss nicht immer sofort versuchen, ein Tor zu erzielen“, monierte Torwart Manuel Neuer.

Erkenntnis Nummer drei lautete: Die zuletzt noch etwas Versehrten in der deutschen Mannschaft sind langsam wieder gesundet. Manuel Neuer hat seinen Mittelfußbruch so sehr überwunden, dass der Torwart schon wieder in alter Manier kurz vor der Mittellinie verteidigen konnte. Auch Jerome Boateng gab eine Halbzeit lang sein Comeback, hatte aber noch Probleme mit der Spielgeschwindigkeit.

Der Nachschuss sitzt

Löws Aufstellung gegen den schwachen Weltranglisten 67. Saudi-Arabien sah dann schon verdächtig nach Startelf gegen Mexiko aus. Einzig Özil musste wegen Blessuren im Knie und Rücken passen. Für ihn gab Marco Reus eine zweite, hängende Sturmspitze. Das 1:0 von Werner bereitete der 29-Jährige vor. Dabei ließ er einen langen Ball kinderwangenweich abtropfen, Werner drosch ihn dann schmucklos zu seinem acht Tor im 14 Länderspiel unter die Latte. Danach aber setzte bei der deutschen Mannschaft mit 16 Tagen Trainingslager in den Beinen eine gewisse Schlaffheit ein. Erst kurz vor der Pause wachte sie wieder auf. Zunächst verhinderte Schiedsrichter Slavko Vincic das 2:0 durch Thomas Müller (42.). Sekunden später hielt Müller sein Bein in einen Rückpass von Werner, dass der Ball von Hawsawis Hacke ins Netz sprang.

Saudi-Arabien bekam am Ende einer ereignislosen zweiten Halbzeit einen Elfmeter, nachdem Sami Khedira gefoult haben soll. Der für Neuer eingewechselte Marc-André ter Stegen parierte, doch der Nachschuss saß zum 2:1. Aber das ging unter dem Eindruck der Pfiffe für Ilkay Gündogan unter.