Essen/Moskau. Weltmeister Deutschland erwischt bei der WM-Auslosung in Moskau eine anspruchsvolle Gruppe. Schon im Achtelfinale könnte Brasilien warten.

Es darf längst als einigermaßen aussichtslos gelten, an Joachim Löw Züge von Unsicherheit oder Zweifel ablesen zu wollen. Eigentlich alles an ihm suggeriert stets und immer und das schon seit sehr, sehr langer Zeit, dass er kaum aus der Fassung zu bringen ist, dass in ihm eine große Ruhe wohnt.

Die WM-Gruppen. Grafik: Meike Woche
Die WM-Gruppen. Grafik: Meike Woche

Das hat zu einem großen Teil vermutlich auch damit zu tun, dass er diesen Pokal, der da vor ihm auf der Bühne platziert worden war, schon gewonnen hat. Die goldene Trophäe des WM-Siegers taugte am Freitagnachmittag im Moskauer Kreml zur Dekoration der WM-Auslosung. Joachim Löw sah aus der vierten Reihe des Auditoriums zu. Die Gruppe für das Turnier in Russland 2018 (14. Juni bis 15. Juli) geriet mit den Gegnern Mexiko, Schweden und Südkorea durchaus deutlich anspruchsvoller als andere. Und Löw? Quittierte das Prozedere mit dem Anflug eines Lächelns.

Sofort beginnt die Detail-Planung

„Erschrocken bin ich sicher nicht. Es gibt keinen Grund für uns, nervös zu sein. Ich denke, es wird spannend, auch in dieser Gruppe“, sagte der Bundestrainer und fügte recht lapidar an, dass „wir jetzt auch unseren Weg durchs Turnier“ kennen. Als sei der Weg schon vorgezeichnet. Bis ins Finale. Moskau am 15. Juli, das ist das Ziel. Mehr als 50 Jahre ist es her, dass ein Weltmeister seinen Titel verteidigen konnte. Brasilien gelang dies 1962. Das ist allerdings auch der Gegner, der schon im Achtelfinale warten könnte, sollte sich einer der beiden Gruppenfavoriten eine Schwäche leisten und nur als Tabellenzweiter abschließen. Im Viertelfinale könnten England, Polen oder Belgien der Gegner sein. Ein Aufeinandertreffen mit Spanien, Frankreich oder Argentinien gäbe es frühestens im Halbfinale.

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Unmittelbar mit der Ziehung der letzten Loskugel begann für die deutsche Delegation um Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, die Detail-Planung für das Turnier. Der Logistik wird viel abverlangt, denn zwischen den Spielorten liegen erhebliche Distanzen. Ein Hauptquartier muss für die Zeit des Turniers gefunden werden, das den Ansprüchen an Ruhe und Komfort genügt, das aber nicht zu viele stundenlange Reisen zu den WM-Arenen erfordert.

Bierhoff sieht späte Spieltermine kritisch

Löw tendiert wegen der positiven Erfahrungen bei der Generalprobe Confed-Cup im Sommer zu Sotschi als Quartier. Aber auch ein Basislager im Randgebiet von Moskau schien zuletzt eine ernsthafte Option zu sein. Eine Entscheidung soll noch in diesem Jahr fallen. Tendenz: offen. Zumindest die befürchteten ganz langen Reisen nach Kaliningrad im Westen oder Jekaterinburg am Uralgebirge bleiben dem viermaligen Titelträger erspart.

„Auf dem Papier bin ich nicht unglücklich, wir sind England und Spanien aus dem Weg gegangen“, atmete Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff ein wenig auf, schränkte seine Begeisterung aber auch sogleich wieder ein. „Mexiko ist ein starker Gegner, Schweden hat die Italiener ausgeschaltet.“ Und mit Südkorea tat sich die deutsche Mannschaft schon einmal bei einer WM schwer. 2002 war das. Aber da spielte Schwarz-Rot-Gold auch noch Ramelow-Fußball, nicht Kroos-Fußball. „So selbstbewusst muss man sein, dass man sich da durchsetzt“, sagt auch Bierhoff. Als Kopf der Gruppe F liegen die Spieltermine eher etwas weiter hinten im Turnier. „Das ist nicht ganz optimal“, sagt der Manager.

Löw: "Wir sind die einzige Mannschaft, die schlechter werden kann"

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Die Tücke liegt ohnehin im Detail. Das hat Löw, der Entspannte, etwas strenger schon häufig vorgetragen. Bereits jetzt müsse es Aufgabe der Spieler sein, sich um ihre Form für den Sommer zu bemühen. Denn der Weltmeister wird der Gejagte sein. Er brachte den goldenen Pokal mit nach Moskau. „Wir sind die einzige Mannschaft, die schlechter werden kann“, betont der 57-Jährige. „Wir sind Weltmeister und Confed-Cup-Sieger, die Nummer eins der Welt.“ Wer daraus ableite, sagte er nach der Auslosung in Moskau, zum Beispiel in einem Spiel gegen Schweden weniger leisten zu müssen, der werde scheitern.

Aber Löw wäre nicht Löw, wenn er nicht schnell zu seiner Gelassenheit finden würde. Gegen Schweden, fiel ihm ein, hat sein Team schon einmal eine denkwürdige Partie abgeliefert. WM-Qualifikationsspiel in Berlin 2012. 4:4 nach 4:0-Führung. „Gegen Schweden wollen wir diesmal 5:0 führen, um zu gewinnen. Sie sind gefährlich.“ Löw lächelte.