München. . Bayerns Bosse sind sich uneinig: Präsident Hoeneß favorisiert Nagelsmann. Vorstandschef Rummenigge will Tuchel. Kommt eine Interimslösung?

An diesem Dienstag könnte es einigen Spielern des FC Bayern vorkommen, als befänden sie sich auf einer Kur. Sie werden einen Trainer vorfinden, von dessen Spielidee und Kompetenz sie überzeugt sind. Sie werden sich in eine Mannschaft einfügen, die trotz aller Konkurrenz ein gemeinsames Ziel verfolgt. Und vermutlich werden Thomas Müller, Mats Hummels, Jérôme Boateng, Joshua Kimmich, Sebastian Rudy und Niklas Süle auch spüren, dass das intakte Binnenklima von einer einheitlichen Linie aller Vorgesetzten getragen ist. Allein, die angeforderten sechs deutschen Nationalspieler des FC Bayern werden all das nicht in München vorfinden. Sondern in Frankfurt, wo Bundestrainer Joachim Löw den Beginn der Vorbereitung auf die WM-Qualifikationsspiele in Nordirland (Donnerstag) und gegen Aserbaidschan (Sonntag) angesetzt hat. Passenderweise am Tag der Deutschen Einheit.

Ribéry fällt mit Außenbandriss aus

Tage der bayerischen Einigkeit sind dagegen nicht auszumachen. Das 2:2 bei Hertha BSC verstärkte den zerfaserten Eindruck, den der kriselnde Meister abgibt.

Symbolisch unterfüttert wurde das Bild der Münchener Malaise von Franck Ribérys Verletzung. Der Franzose zog sich in Berlin einen Außenbandriss im linken Knie zu, die Hinrunde dürfte für den 34-Jährigen gelaufen sein.

Es fügt sich in die unheilvolle Gemengelage, dass die Suche nach einem Nachfolger für den beurlaubten Carlo Ancelotti andauert. „Zusammen mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge werde ich den Trainer suchen“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. „Der FC Bayern ist keine One-Man-Show, wir entscheiden alle zusammen. Es besteht Kontakt zu allen möglichen Kandidaten.“

Jeder Tag, der vergeht, liefert dabei weitere Hinweise, dass Vorstandschef Rummenigge und Präsident Hoeneß um einen Plan ringen, von dem sie gemeinsam überzeugt sind. Das gestaltet sich schwierig. Denn: Die beiden Alphatiere sind sich uneinig. Man spricht sogar von einem Machtkampf.

Aus dem Verein ist zu hören, dass vor allem Hoeneß mindestens Bedenken hat, sich für Thomas Tuchel (44) auszusprechen. Nicht zuletzt, weil dem Ex-Dortmunder der Ruf anhängt, ein ziemlich komplizierter Charakter zu sein.

Van Gaal holte das Double

Naheliegend wäre Tuchel zwar, weil er vereinslos ist, an die Lehre von Ancelottis Vorgänger Pep Guardiola anknüpfen und die verunsicherte Mannschaft wieder ordnen könnte. Doch Hoeneß sieht es dem Vernehmen nach offenbar weniger pragmatisch als Rummenigge, der sich Tuchel wohl schon vorstellen könnte. Sondern anscheinend eher so, wie Sky-Experte Lothar Matthäus die Lage einschätzt. Er glaube, dass Julian Nagelsmann „ganz oben steht. Er ist der Wunschkandidat von Hoeneß“, sagte der frühere Bayern-Profi über den erst 30 Jahre alten und noch bis 2021 gebundenen Hoffenheimer Trainer. „Wenn man etwas will, dann will man auch die 1A-Lösung. Bis es dazu kommt, muss man eine Übergangslösung finden.“

Dafür scheint es offenbar eine Lösung zu geben, die auf den ersten Blick eher abenteuerlich klingt. Der Name Louis van Gaal macht an der Säbener Straße die Runde. Der 66-jährige Holländer holte vor sieben Jahren mit den Bayern das Double. Gegen diese Variante spricht, dass das Verhältnis von van Gaal und Hoeneß bei der Trennung 2011 als zerrüttet galt.

Die Suche nach dem Trainer geht weiter. Gleichzeitig ist es auch die Suche nach der Einigkeit im Klub.