München. Auch der scheinbar übermächtige FC Bayern kann ein normaler Verein sein. Eine erfolgreiche Trainersuche allein kann nicht helfen. Ein Kommentar.

Um die Tiefe der Bayern-Krise zu begreifen, reicht eine einzige Zahl aus der Statistik: Zum ersten Mal in der Bundesliga-Geschichte hat der Rekordmeister zweimal in Folge eine 2:0-Führung verspielt. Vorige Woche gegen den VfL Wolfsburg. Jetzt am Sonntag bei Hertha BSC. Dazwischen: die 0:3-Demütigung bei Paris Saint-Germain in der Champions League.

Bayern-Rivale BVB gedeiht in voller Kraft

Eine erfolgreiche Trainersuche allein kann den FC Bayern nicht mehr reparieren. Zu umfangreich sind die Baustellen, die rund um die Mannschaft entstanden sind, zu weitreichend die Ursachen. Fangen wir beim Kader an. Wer meint, dass die zwei Flügelspieler Ribéry und Robben mit Mitte dreißig dieselbe Leistungen abrufen wie beim Triple 2013, täuscht sich sehr.

Bayern München hat den Generationswechsel verpasst. Nur ein Deutscher unter 25 mit Aussichten auf Weltklasse-Niveau spielt noch — Kimmich. James und Rudy sind gute Spieler — aber halt nicht auf dem Niveau, das Schweinsteiger und Kroos verkörpert haben. Ein kurzer Blick rüber zum BVB reicht, um zu sehen: Von Weigl bis Pulisic gedeiht ein Rivale in voller Kraft.

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Die Bayern dagegen: versuchen irgendwie über die Runden zu kommen. Als vor der Saison die Zweifel an Trainer Ancelotti wuchsen, haben sie ihn nicht weggeschickt, sondern ihm in Willy Sagnol einen Aufpasser an die Seite gesetzt. Konsequent waren die Bayern-Bosse Rummenigge und Hoeneß erst, als die Ergebnisse den Schlendrian belegten. Erst dann musste Ancelotti gehen.

Hat Bayern ein Führungsproblem? Auszuschließen ist das nicht. Von den Bayern-Bossen werden unterschiedliche Strömungen kolportiert. Die eine will eine Übergangslösung. Die andere den Ex-Borussen Thomas Tuchel. Und irgendwie ist Julian Nagelsmann auch in der Verlosung. Sonst noch einer? Und mittendrin stottert Sportdirektor Salihamidzic Unverständliches daher.

Natürlich wird Bayern die Kurve kriegen. Da sitzen Profis in der Schaltzentrale. Und sie haben genügend Geld für einen Kurswechsel. Aber es ist endlich wieder schön zu sehen, dass auch der scheinbar übermächtige FC Bayern ein normaler Bundesliga-Verein sein kann.

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