Stuttgart. Die deutsche Nationalmannschaft fegt mit 6:0 über Norwegen hinweg. Team und Publikum zeigen nach den Nazi-Parolen von Prag eine tolle Reaktion.

. Als der Abpfiff ertönt war, da verließen die kampferprobten Männer, die man die Wikinger nennt, recht zielstrebig den Rasen. Weder taumelten sie, noch befiel sie ein erkennbares Gefühl von Schwindel, was durchaus als eine Überraschung gelten darf. Zumindest nach jenen 90 Minuten, in denen sie vollkommen überfordert waren, in denen sie hinterherliefen und nicht einmal so schnell denken konnten, wie der Gegner handelte. Die bedauernswerten Norweger, angetreten in Stuttgart zum WM-Qualifikationsspiel, trafen auf eine deutsche Mannschaft, die sich an sich selbst berauschte, die Fußball nicht spielte, sondern auf schönste Weise sich ereignen ließ.

Mit 6:0 (4:0) gewann die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw auch die achte Partie auf dem Weg nach Russland und qualifizierte sich nur deshalb nicht vorzeitig für die WM 2018, weil der Tabellenzweite Nordirland gegen Tschechien ebenfalls einen Sieg einfuhr.

Auch interessant

Aber das war nur eine Randnotiz an diesem Abend, an dem sich offenbar alle im Stadion vorgenommen hatten, unmissverständliche Signale zu senden. Nach den Entgleisungen eines Teils der deutschen Fans beim Auswärtsspiel in Prag waren die Augen und Ohren auch vermehrt auf die Ränge gerichtet, wo die Botschaften eindeutig waren. "Gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung", war auf einem riesigen Plakat zu lesen. Zudem wurde Stürmer Timo Werner nicht nur freundlich empfangen, sondern im Laufe des Spiels auch mit Sprechchören gefeiert. Das lag auch daran, dass er ein beträchtlich wichtiger Teil dieser fußballerischen Demonstration war.

3:0 schon nach 20 Minuten

Schon nach 20 Minuten waren die Verhältnisse geklärt. 3:0 stand es zu diesem Zeitpunkt für die deutsche Elf, die durch die Hereinnahme von Antonio Rüdiger, Sebastian Rudy sowie Julian Draxler auf drei Positionen verändert worden war und im gewohnteren 4-2-3-1-System auflief. Von der ersten Sekunden an dominierte sie auf sehenswerte Weise diese Partie. Jonas Hector spielte nach zehn Minuten Mesut Özil klug im Strafraum frei und dieser traf aus zwölf Metern.

Danach produzierte Deutschland Chancen fast im Minutentakt: Toni Kroos schoss drüber (11.), Thomas Müller knapp vorbei (13.), Werners Winkel geriet zu spitz (14.). Es ließ sich aber schon erahnen, dass es ein übler Abend werden würde für die absurd wehrlosen Norweger. Özil passte den Ball auf Draxler, der sich mit einer kleinen Drehung seines Gegenspielers entledigte und ebenso mühelos aus elf Metern traf (17.). Nächste Chance, nächstes Tor, dieses Mal mit gesteigertem Ästhetikanspruch. Mit der Hacke verlängerte Thomas Müller den Ball auf Timo Werner, der kaum noch Mühe hatte, zu treffen (21.).

Gern direkt, immer schnell, fast immer sicher, oft gefährlich

Minutenlang kombinierte die deutsche Elf in den Folgezeit den Ball hin und her, gern direkt, immer schnell, fast immer sicher, oft gefährlich. Ein Spiel wie eine kleine Zirkusaufführung. Und so wuchtete Timo Werner einen Kopfball ins norwegische Tor, nachdem Müller eine zauberhafte Flanke geschlagen hatte (40.). 4:0. Vier zu null. Ein schmeichelhaftes Ergebnis für die Gäste, denn der Weltmeister vergab noch weitere hochkarätige Möglichkeiten.

Auch die Halbzeitpause konnte der Spiellaune der deutschen Mannschaft zunächst nicht beeinträchtigen. Spielerische Lösungen suchten und fanden sie. Draxler setzte sich auf der rechten Seite durch und flankte hübsch, der für Müller eingewechselte Schalker Leon Goretzka köpfte den Ball zum 5:0 ins Tor. Und als wäre dieser Abend nicht schon prächtig genug gewesen, durfte Stuttgarts früherer Meister-Torjäger Mario Gomez ebenfalls noch jubeln. Kurz zuvor eingewechselt verwertete er eine Flanke von Joshua Kimmich per Flugkopfball (80.). Der sehenswerte Abschluss.

Tore: 1:0 Özil (10.), 2:0 Draxler (17.), 3:0 Werner (21.), 4:0 Werner (40.), 5:0 Goretzka (50.), 6:0 Gomez (79.)

Hier geht es zum Live-Ticker:

Deutschland - Norwegen 6:0