Essen. Nach dem Gewaltabend von Rostock im DFB-Pokal macht sich Hilflosigkeit breit. Die Krawalle in Stadien häufen sich – es ist von Krieg die Rede.

Der skandalöse Pokalabend im Ostseestadion hatte zumindest eine positive Note zu bieten. „Und Ihr wollt Hansa Rostock sein?“, sangen protestierende Fans, während sich Anhänger des gastgebenden Drittligisten sowie jene von Hertha BSC mit brennenden Fahnen und abgeschossener Pyrotechnik provozierten. „Was für eine starke Reaktion der Fußballfans“, lobte Weltmeister Mats Hummels auf Twitter die besonnenen unter den 22 400 Zuschauern. Er habe vor dem Fernseher „Gänsehaut“.

Was bleibt, sind nicht die späten Treffer von Mitchell Weiser (86.) und Vedad Ibisevic (90.) zum 2:0 der Berliner. Sondern jene neuerliche Live-Gewalt im deutschen Profifußball vor knapp vier Millionen ARD-Zuschauern, die den Kon­trollausschuss des deutschen Fußball-Bundes ermitteln lässt. Beide Vereine erwartet eine saftige Strafe.

Hertha-Fahne abgebrannt

1700 Polizisten und 300 Ordner waren in Rostock am Montag aufgeboten. Trotzdem wurde eine vor über drei Jahren gestohlene, 30 Meter lange Hertha-Fahne in die Hansa-Kurve geschleust und abgebrannt. Im Gegenzug schossen die Berliner Feuerwerkskörper ab.

Der Vorfall zeigt: Oft sind es Kleinigkeiten, die zur Eskalation führen. Ungewiss, was auf die Bundesliga, die am Freitag mit dem Bayern-Spiel gegen Leverkusen in die Saison 2017/18 startet, zukommt: In der Liga geht die Angst um.

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Aus gutem Grund verweigern Verbandsvertreter öffentliche Kommentare. Mehrmals in der Saison-Vorbereitung tauchten Plakate mit der Aufschrift „Krieg dem DFB“ an Stadionzäunen auf. Die Plakate richteten sich gegen die Kommerzialisierung des Profifußball. Unter anderem am Freitag an der Essener Hafenstraße auf der Tribünenseite von Borussia Mönchengladbach.

91 Berliner bei Schalke-Spiel festgesetzt

Beim Schalker 2:0 am Montagabend beim BFC Dynamo wurden 91 Berliner weit vor Spielbeginn festgesetzt. Die Polizei nannte hier „Gefahrenabwehr“ als Grund.

„Für martialische Machtproben mit der Polizei oder Vereinen ist in den Stadien kein Platz“, erklärte Dietmar Schilff, der stellvertretende Vorsitzende der Polizei-Gewerkschaft, und fordert Stadionverbote. „Teile sogenannter Ultras sind nicht kompromissbereit.“

In Österreich wurden im Sommer gleich drei Trainingslager-Tests deutscher Vereine abgesagt, weil die Behörden vor Ort Ausschreitungen befürchteten: Düsseldorf – St. Pauli, Köln – Hertha BSC und Ingolstadt – Leeds United.

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Das Testspiel des VfL Bochum gegen den belgischen Erstligisten RSC Charleroi wurde drei Stunden früher als geplant und dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Trainingslager in Vaals/Niederlande ausgetragen. Allerdings ging hier das Risiko angeblich nur von niederländischen Hooligans aus.

Anhänger von Hannover 96 sorgten am Samstag vor einer Woche im Testspiel beim Premier-League-Team FC Burnley für einen Spielabbruch in der Halbzeit. Es wurde herausgerissene Sitzschalen in Richtung Burnley-Fans geworfen. Nur mit Mühe verhinderte die englische Polizei weitere Gewalt.

18 Minuten Spielpause in Rostock

Auch in Rostock war die Gewalt schwerlich zu stoppen. Schiedsrichter Robert Hartmann unterbrach die Partie aus Sicherheitsgründen einmal für zwei, dann sogar für 18 Minuten.

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„Da gibt es 20 bis 50 Chaoten, die so weit denken wie von der Tapete bis zur Wand“, erklärte Hansa-Vorstandschef Robert Marien. Hertha-Manager Michael Preetz machte die Hilflosigkeit der Vereine deutlich: „Den müssen sie mir zeigen, der da auf die Fans einwirken kann. Das ist unmöglich.“