Dortmund. Bei Borussia Dortmund fallen die vielen Gegentore auf. Dabei sind die Probleme im Angriff nicht weniger gravierend. Am Samstag steht für den BVB ein wegweisendes Spiel in Hannover an.

Es gibt für Trainer verschiedene Möglichkeiten, auf deutliche Niederlagen zu reagieren. Die erste verlor im Laufe der Jahre an Popularität: die Lattek-Lorant-Methode. Draufhauen und dann in der unerschöpflichen Zettelsammlung der Sportphrasen wühlen. Gras fressen, Blut am Pfosten, das ganze ätzende Programm. Die zweite Umgangsart, vornehmlich in Bremen kultiviert: cool bleiben und die Spieler schützen. In der Hoffnung, dass sie es zu schätzen wissen, dass sie es ihrem Chef danken werden.

Nicht mehr populär: die Lattek-Lorant-Methode

Jürgen Klopp entschied sich nach dem ernüchternden 1:5 der Dortmunder Borussia gegen den FC Bayern für eine dritte Variante: Der BVB-Trainer zog sein Team zu einer zweitägigen Klausur zusammen. Im Sporthotel Klosterpforte in Marienfeld gab es vieles aufzuarbeiten, zudem ließ es sich in der ostwestfälischen Abgeschiedenheit intensiv und ungestört trainieren.

Keine Panikaktion sei das gewesen, betont BVB-Sportdirektor Michael Zorc. Die Verantwortlichen wollen vor den drei wegweisenden Spielen am Samstag in Hannover, am Dienstag im Pokal in Karlsruhe und am übernächsten Samstag gegen Schalke den Eindruck vermitteln, dass sie trotz erst fünf Punkten nach fünf Spielen nicht die Nerven verlieren, sondern zu handeln wissen. „Nach der langen Pause, die wir als Gemeinschaft wegen der Länderspiele hatten, wollten wir uns ausführlich mit unserer Situation beschäfigen”, erklärt Klopp.

Klopp bevorzugte Teamsitzungen

Die Defizite wurden schonungslos angesprochen – es waren nicht wenige. Klopp dozierte stets vor der gesamten Gruppe. Weil er sich einen grippalen Infekt eingefangen hatte, verzichtete der Trainer wegen der möglichen Ansteckungsgefahr bei Nähe auf Einzelgespräche. Es ging um die Frage, warum die Mannschaft ihren Plan zeitweise ordentlich abarbeitet, aber nicht durchzieht. Es ging um Schwächen im Abwehrverhalten, über die bei elf Gegentoren zwangsläufig diskutiert werden muss. Und es ging um die fehlende Power im Angriff.

Diese Szene vom Samstag war bezeichnend: Mohamed Zidan hatte alles richtig gemacht, hatte Jörg Butt, den Torwart der Bayern, bereits umkurvt, dann aber vermasselte er den entscheidenden Moment. Er passte quer – so spät und so unkonzentriert, dass der zurück in Richtung in Tor laufende Butt den Ball noch selbst per Fußabwehr ins Aus befördern konnte. Und so wurde der Aufschwung der Bayern erst ermöglicht, weil die Borussen im Angriff so gefährlich waren wie Bambi in einem Walt-Disney-Film. Jürgen Klopp hat das Problem erkannt. „Unser 1:0 hätte schon das 3:0 sein müssen”, sagt er.

Dreimal hatte es der Trainer zum Saisonstart mit dem Duo Nelson Valdez/Lucas Barrios versucht. Valdez traf zweimal, Barrios, der neue Hoffnungsträger, gar nicht. Im vierten Spiel in Frankfurt brachte Klopp in der Anfangself erstmals Zidan statt Barrios, gegen die Bayern probierte er es sogar mit drei Spitzen: mit Jakub Blaszczykowski, mit Mohamed Zidan und erstmals mit Dimitar Rangelov. Der Bulgare enttäuschte komplett.

Kein Petric und kein Frei in Sicht

Vor einem Jahr war vor Saisonbeginn Mladen Petric verkauft worden, diesmal Alexander Frei. Zwei Typen mit Biss, mit Torriecher, mit der ständig erkennbaren Absicht, das Netz ausbeulen zu wollen. Knipser dieser Güteklasse fehlen jetzt im BVB-Aufgebot.

Jürgen Klopp will aber nicht einen Mannschaftsteil allein zum Sorgenfall erklären, er repariert die gesamte Maschine. „Wir müssen an den Stellschrauben drehen und dürfen nicht alles über den Haufen werfen”, sagt er. Auch Nelson Valdez sieht die Sturmmisere als nur ein Problem von mehreren: „Es passt vorne, hinten und dazwischen nicht.” Immerhin eine von Ehrlichkeit geprägte Erkenntnis. Und damit vielleicht ein erster Schritt aus der, tja: Krise.