Hannover. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist eine riesige Baustelle. Überall wird gewerkelt. Bundestrainer Joachim Löw muss experimentieren - auch im WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan am Mittwoch.

Jogi Löw kommt an diesem Tag durch den Hintereingang. Sein Weg führt vorbei an Museumsstücken, die an richtig harte Arbeit erinnern: Wir sind im Besucherbergwerk „Klosterstollen” in Barsinghausen, etwas außerhalb von Hannover. Hier will der Bundestrainer über die Nationalmannschaft reden, die am Mittwoch (20.45 Uhr, ZDF) in Hannover ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan bestreitet.

Steht im deutschen Tor: René Adler. (Foto: ddp)
Steht im deutschen Tor: René Adler. (Foto: ddp) © ddp

Er beginnt bei Robert Enke, dem Torwart, der wegen eines Infekts heute nicht mitspielen kann und durch Rene Adler ersetzt wird. Und er endet später, nachdem er danach gefragt wird, bei den Stürmern Mario Gomez und Miroslav Klose. Im Grunde genommen zieht sich Löws Bestandsaufnahme durch alle Mannschaftsteile und lässt am Ende den Schluss zu: Das Nationalteam ist derzeit noch eine riesige Baustelle. In allen Mannschaftsteilen wird irgendwo gewerkelt und gebastelt. Heute gegen Aserbaidschan muss Löw nicht nur drei Punkte holen - sondern auch erkennen, auf wen er in einem Monat beim entscheidenden Spiel in Moskau gegen Russland bauen kann.

Torwart

Eigentlich sollte Robert Enke sämtliche Qualifikationsspiele bis Jahresende bestreiten, während die drei anderen Kandidaten (Rene Adler, Manuel Neuer, Tim Wiese) in den Freundschaftsspielen getestet werden. Dieser Plan ist nun hinfällig: Adler wird heute gegen Aserbaidschan im Tor stehen, weil er zuletzt gegen Südafrika überzeugte. Die Frage, ob Adler mit starken Leistungen Enke auch mit Blick auf Moskau überflügeln kann, ließ Löw gestern unbeantwortet: „Jetzt sehen wir erstmal, wie das Spiel läuft und wie es um die Gesundheit von Robert Enke bestellt ist.” Der 32-Jährige, der sich schlapp fühlt, wurde internistisch auf den Kopf gestellt. Bisher ohne Befund. Noch stehen die genauen Ergebnisse aus dem Tropeninstitut in Hamburg aus.

Abwehr

Gesucht wird der zweite Innenverteidiger neben Per Mertesacker, dem Löw gestern eine Stammplatzgarantie gab. Drei Kandidaten rangeln um den Platz an der Seite des Bremers. Aktueller Favorit ist Arne Friedrich, dessen Fähigkeit zur Organisation der Abwehr Löw hoch einschätzt. Friedrich ist auch deswegen in einer besseren Position, weil dem Stuttgarter Serdar Tasci zuletzt immer wieder Fehler unterliefen. Die Aktien von Heiko Westermann, Nummer drei im Bunde, sind wohl auch deswegen etwas gesunken, weil er bei Schalke derzeit im Mittelfeld spielt. „Die Entscheidung haben wir noch nicht getroffen”, sagt Jogi, der Baumeister. Wenn es mit keinem wirklich hinhaut, gibt es aber noch mindestens zwei Bewerber, die aktuell gar nicht dabei sind: U 21-Europameister Jerome Boateng. Und Christoph Metzelder – wenn der „Turnierspieler” bei Real Madrid mal einen Stammplatz bekommt.

Klarer sieht es auf den Außenpositionen der Abwehr aus: Philipp Lahm möchte rechts spielen, links liegt Marcel Schäfer vor Marcell Jansen.

Mittelfeld

Erst einmal muss Löw die Grundsatzentscheidung über das System treffen: 4-4-2 oder 4-2-3-1? Fixpunkt ist Michael Ballack. Als Sechser an dessen Seite nennt Löw die Namen Hitzlsperger, Rolfes und Khedira – in dieser Reihenfolge. Von Frings ist keine Rede mehr. Mesut Özil soll in der Offensive die Glanzpunkte setzen – die Frage ist nur, ob zentral oder halblinks. Wenn Özil in der Mitte spielt, bekommt er zwei Außen an die Seite gestellt. Rechts gibt es zu Bastian Schweinsteiger wenig Alternativen, links können Piotr Trochowski oder Marko Marin spielen. Und Lukas Podolski. Denn der hat im Sturm keine Chance, wenn Löw nur noch mit einer Spitze spielt.

Angriff

Wieder erste Wahl? Michael Ballack (r.) auf jeden Fall, Mario Gomez wahrscheinlich. (Foto: Getty)
Wieder erste Wahl? Michael Ballack (r.) auf jeden Fall, Mario Gomez wahrscheinlich. (Foto: Getty) © Bongarts/Getty Images

Beim 4-2-3-1-System heißt es: Mario Gomez oder Miroslav Klose. Wenn Klose (90 Länderspiele, 45 Tore) auf die Bank müsste, wäre das ein Politikum. Der heute 31-Jährige galt lange Zeit quasi als unantastbar, saß zuletzt gegen Südafrika zum ersten Mal nach fast fünf Jahren bei einem Länderspiel nur auf der Bank, geht aber davon aus, dass er jetzt gegen Aserbaidschan wieder spielt. Und was dann? Gomez ist wieder fit und wird sicher auch spielen.

Die Frage nach dem System: Sie ist vor allem eine Frage für Miro Klose. Und die größte aller Baustellen.