Düsseldorf. Am Mittwoch hat Ex-Kapitän Bastian Schweinsteiger sein letztes Länderspiel absolviert. Jetzt steht fest, dass Manuel Neuer sein Nachfolger wird.
- Am Mittwoch hat Ex-Kapitän Bastian Schweinsteiger sein letztes Länderspiel absolviert.
- Jetzt steht fest, dass Manuel Neuer sein Nachfolger wird.
- Neuer wird die deutschen Weltmeister am Sonntag in Oslo gegen Norwegen auf den Platz führen.
Diese Ruhe, die war schon immer irgendwie einfach da. Damals schon, als Manuel Neuer noch ein Jugendlicher beim FC Schalke 04 war und die große Karriere ein ganzes Stück entfernt lag. Wenn er dann mal wieder im Training alle Bälle hielt und dabei keine Miene verzog, dann hat ihn sein früherer Trainer, Norbert Elgert, schon mal auf den Arm genommen. „Manuel“, hat er dann manchmal gesagt, „hab ich dir nicht verboten, vor dem Training Valium zu nehmen?“
Tatsächlich aber hat diese Eigenschaft des Torwarts Manuel Neuer nichts mit einer allzu eigenhändigen Medikamentierung zu tun, sondern damit, dass die Ruhe tatsächlich in ihm zu wohnen scheint. Er hat die Gabe, die Dinge an sich abprallen zu lassen, Bälle, natürlich, aber eben auch alles andere, was dem Erfolg im Wege steht. Auch deshalb ist dieser Manuel Neuer künftig Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Bundestrainer Joachim Löw ernannte den 30-Jährigen einen Tag nach dem 2:0-Sieg gegen Finnland und dem Abschied des bisherigen Amtsinhabers Bastian Schweinsteiger zum neuen Mannschaftsführer.
„Für mich ist Manuel Neuer der logische Nachfolger von Bastian Schweinsteiger. Er bringt alles mit, was ich mir von einem Spielführer wünsche“, meint Löw, der viele Tage damit zugebracht hatte, zu erklären, dass die Frage nach dem Kapitänsamt „nicht so dominant“ für ihn sei. Mit anderen Worten: gibt Wichtigeres.
Neuer ist in seiner Ruhe unerschütterlich
Aber Löw weiß auch, dass diese Entscheidung eine gewisse Tragweite hat. Es gibt ihn eben doch, den einen, der sich aus der Masse abhebt, der sich aber, wenn er ein guter Kapitän ist, genau darauf nicht zu viel einbildet. Bei Neuer weiß er das Amt in sicheren Händen wie einen gegnerischen Schuss. Nach Oliver Kahn ist der Bayern-Schlussmann nun der erst zweite Torwart in der Länderspiel-Geschichte des DFB, der zum etatmäßigen Kapitän ernannt wurde.
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„Seine sportlichen Leistungen sind überragend, Manuel ist immer für die Mannschaft da, er ist ein Teamplayer und ein absolutes Vorbild“, schwärmte Löw und lobte die „großen menschlichen Qualitäten. Er übernimmt Verantwortung, er geht voran, dabei ist er ruhig und besonnen. Manuel wirkt nach innen und nach außen.“ Innen spricht er die Dinge ruhig, aber bestimmt an, außen rettet er seinen Mitspielern in schöner Regelmäßigkeit den Tag mit seinen erstaunlichen Paraden und – wenn es sein muss – auch mit waghalsigen Grätschen. Spätestens das Spiel gegen Algerien auf dem Weg zum weltmeisterlichen Gold 2014 machte ihn zu einem Helden in Handschuhen. Schon bei der Europameisterschaft in Frankreich in diesem Sommer war Neuer an die Spitze der schwarz-rot-goldenen Hierarchie gerückt. Sein Wort wird gehört, weil es daherkommt wie eine seiner Paraden: so präzise wie nötig, so unaufgeregt wie möglich.
Neuer, der Mann, dessen Ruhe weder ein Arbeitsplatz beim chronisch nervösen FC Schalke 04 noch in der Druckkammer FC Bayern München erschüttern kann, ist „stolz, Kapitän der Mannschaft zu sein“. Er weiß, „dass das Kapitänsamt große symbolische Bedeutung hat. Wir wissen aber alle, dass wir auf dem Platz mehrere Führungsspieler benötigen, wenn wir Erfolg haben wollen“. Sätze, die er nicht einfach so sagt, Sätze, an die er glaubt. Sätze, die ihn in diese neue Rolle gehievt haben.
Mit Khedira, Müller, Hummels und Kroos im Mannschaftsrat
Neuer ist in dem System Nationalmannschaft der primus inter pares, der Erste unter Gleichen. Löw ist in der komfortablen Situation, über einen Kader zu verfügen, in dem es ausreichend angesehene Spieler gibt, die sich die Führungsaufgaben teilen. Sie bilden zusammen mit Neuer den zukünftigen Mannschaftsrat: Sami Khedira, Thomas Müller, Mats Hummels und der für Schweinsteiger nachrückende Toni Kroos. Ebenfalls hoch angesehen ist Jerome Boateng, der als Kandidat für das Kapitänsamt gehandelt worden war. Aber der manchmal impulsive Abwehrchef, der sich öffentlich in Stellung gebracht hatte, kam gegen Neuer und dessen Ruhe nicht an.
Schweinsteigers emotionaler Abschied
„Den Manu“, sagt Norbert Elgert, sein Jugendtrainer, „könnten nicht einmal 300 000 Zuschauer aus der Ruhe bringen.“ Sein erstes Spiel als Kapitän führt ihn am Sonntag nach Norwegen. WM-Qualifikation im Ullevaal-Stadion von Oslo. 25 572 Sitzplätze. Das wird wohl auch ohne Valium gehen.