Frankfurt. Ein Millionen-Transfer nach Katar deutet auf Bestechung vor der WM 2006 hin. Ermittler der Kanzlei Freshfields finden keine Beweise für Stimmenkauf.
Nach einer viereinhalb Monate andauernden Ermittlung hat die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer die Ergebnisse ihrer Untersuchung zu den Vorgängen rund um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland vorgestellt. Der Freitag war ein Tag, der Antworten bringen sollte – doch am Ende sind noch immer viele Fragen offen geblieben.
Prof. Dr. Christian Duve von Freshfields stellte die wichtigsten Punkte des 380-seitigen Untersuchungsberichtes vor, der auf der Homepage des Deutschen Fußball-Bundes für jeden frei zugänglich ist. Danach äußerten sich auch die beiden kommissarischen DFB-Präsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch sowie der Schatzmeister und designierte neue Präsident Reinhard Grindel zum weiteren Vorgehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten des Tages:
War die WM 2006 gekauft?
Die Frage aller Fragen konnte von Freshfields nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Duve sagte: „Wir haben keine Beweise für einen Stimmenkauf gefunden, aber können ihn auch nicht vollständig ausschließen.“
Wohin floss die ominöse Summe von 6,7 Millionen Euro, die angeblich vom DFB geleistet werden musste, um sich einen Zuschuss für die WM zu sichern?
Der Zahlungsfluss der Summe, um die sich alles dreht, konnte von Freshfields komplett rekonstruiert werden. Von einem Konto auf die Namen Franz Beckenbauer und Robert Schwan, dessen damaliger Manager, flossen im Sommer 2002 sechs Millionen Schweizer Franken auf das Konto einer Schweizer Anwaltskanzlei. Von dort wurde das Geld nach Katar an eine Firma weitergeleitet, die offenkundig Mohamed Bin Hammam gehört, damals Mitglied der Fifa-Finanzkommission und mittlerweile lebenslang gesperrt. Schließlich überwies der 2009 verstorbene Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zehn Millionen Franken auf das Schweizer Konto. Mit sechs Millionen wurde Beckenbauer ausgelöst, vier Millionen gingen erneut nach Katar. Auf Anfrage von Freshfields verneinte bin Hammam, den Betrag erhalten zu haben.
Auch interessant
Wie kam das Geld zurück zu Louis-Dreyfus?
2005 erhielt er das Geld, das er ausgelegt hatte, vom DFB über den Umweg eines Fifa-Kontos wieder zurück. Der Betrag wurde als Beitrag Kulturprogramm Fußball-Weltmeisterschaft 2006 deklariert.
Handelt es sich hierbei um einen Bestechungsversuch?
Einiges spricht dafür. Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk von Transparency International erklärt: „Wenn jemand zuständig ist, einen Zuschuss zu bewilligen, und sagt: ,Ich bewillige den nur, wenn es vorher eine Zahlung auf ein anderes Konto gibt’, dann ist das eine Kickback-Zahlung. Eine Bestechung der Person, die über den Zuschuss entscheidet, ist das wahrscheinlichste Szenario.“ Mit Sicherheit konnte Freshfields nicht sagen, wie das Geld nach dem Eingang in Katar verwendet wurde und ob es bei bin Hammam ankam.
Wurden mit dem Geld womöglich Stimmen gekauft?
Das ist 2002, zwei Jahre nach der WM-Vergabe, unwahrscheinlich. Schenk sagt hierzu: „Normalerweise wird erst Geld bezahlt, bevor eine Gegenhandlung kommt.“
Wie wird eine Abmachung von Franz Beckenbauer mit Ex-Fifa-Vizepräsident Jack Warner bewertet?
Für Duve bleibt dieser Vertragsentwurf „rätselhaft“. Klar ist aber: Vier Tage vor der Vergabe der WM nach Deutschland waren Warner in einem Vertragsentwurf „diverse Leistungen“ zugesagt worden. So wurden Warner 1000 Tickets der höchsten Kategorie für Spiele der WM-Endrunde versprochen. Insgesamt schätzte der damalige Generalsekretär Horst R. Schmidt den Gesamtwert der Vereinbarung laut Freshfields auf zehn Millionen DM ein. Im Report steht, dass die vorgesehenen Leistungen „jedenfalls teilweise erbracht“ worden seien. Ob dies als Bestechungsversuch zu werten ist, ließ Duve offen.
Wie will der DFB weiter vorgehen?
Grindel, der wahrscheinlich am 15. April zum neuen DFB-Präsidenten gewählt wird, gab ein Wahlversprechen ab. Er will eine Stabsstelle Controlling und eine unabhängige Ethikkommission schaffen. Zudem soll jedes Jahr ein Finanzbericht veröffentlicht werden. Grindel betonte: „Wir brauchen Transparenz auf allen Ebenen.“