Leipzig. Der Weltmeister fährt auch zur Europameisterschaft im kommenden Jahr, Deutschland hat sich letztlich durch das mühselige 2:1 über Georgien für Frankreich qualifiziert. Bundestrainer Joachim Löw sieht auf dem Weg dorthin allerdings noch viel Arbeit.

Herr Löw, was ist Ihr Fazit zum Spiel?

Joachim Löw: Bei diesem Spielverlauf macht sich irgendwann der Frust breit, wenn man aus diesen guten, guten Möglichkeiten keine Tore erzielt. Der Gegner bleibt wach und weiß, er kann einen Gegenschlag machen. Wir sind im Moment ein Boxer, der viele Treffer landet, aber nicht frühzeitig den K.o. schafft.

Trotzdem fährt Ihre Mannschaft sicher zur EM nach Frankreich im nächsten Jahr.

Löw: Wir haben jetzt die Gruppe gewonnen, das ist gut. Damit können wir zufrieden sein - mit den beiden letzten Spielen bin ich es nicht. Wie wir gegen Irland und Georgien gespielt haben, ist normalerweise nicht unser Anspruch. Wir haben in den nächsten Monaten noch einige Arbeit vor uns. In dieser Qualifikation war es so schwer wie nie in den letzten zehn, zwölf Jahren. Der Weg war kein einfacher.

Was genau ist zu tun?

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Löw: Bis zum Turnier ist es noch lange hin. Eine Vorbereitung tut uns immer gut. Im November werden wir sicher auch einige Spieler testen, die jetzt weniger gespielt haben oder die nicht dabei waren. Im taktischen Bereich müssen wir schon die ein oder andere Überlegung anstellen. Der Schnitt liegt jetzt bei sieben oder acht Torchancen, die wir brauchen. Bei der WM waren wir effizient. Unsere Spieler haben diese Vollstreckerqualitäten, Marco Reus oder Thomas Müller oder Andre Schürrle normalerweise.

Gehört zu solchen potenziellen Spielern auch ein Davie Selke beispielsweise?

Löw: Grundsätzlich bin ich um jeden Spieler froh, wenn er die Form und das Selbstbewusstsein hat, der auch in der Liga bei seinem Verein regelmäßig trifft. Es ist auch gut, einen Stürmer zu haben, der seine Qualität im Sechzehner hat. Aber man darf jetzt nicht glauben, dass man einen kopfballstarken, großen Spieler wie Horst Hrubesch benötigt. Georgien hat auch drei große Spieler in der Mitte, die genau darauf warten, dass hohe Bälle reingespielt werden. Unser Spiel soll so angelegt sein, wie es bislang war. Wir müssen aber an einigen Stellschrauben drehen. Es ist jedoch nicht so, dass wir jetzt die Bälle da vorne hoch reinhauen wollen. Das ist auch mal ein Mittel, aber nicht über das gesamte Spiel hinweg. Es entspricht nicht unserer Mannschaft, lange Bälle aus dem Halbfeld in den Sechszehner zu spielen. Da werden auch ein Selke oder Mario Gomez oder andere Namen nicht glücklich mit solchen Bällen. Besser ist es schon, über Kombinationen zu kommen.

Doch dort hakt es.

Löw: Ein Problem ist es, dass wir im Moment stark durch die Mitte spielen. Wir haben Außenverteidiger, die hoch stehen, in ihren Vereinen aber defensiv geschult sind. Jonas Hector macht das gut, spielt in Köln aber eher in einer defensiven Grundordnung und ist so ein bisschen auf Konter ausgerichtet. Uns fehlt so ein bisschen die Variante, dass wir auch mal auf Außen entscheidend mit Tempo durchbrechen von diesen Positionen her. Wir brechen eher ab und spielen dann in die Mitte. Da kann ich den Spielern aber keinen großen Vorwurf machen, weil sie es aus ihren Vereinen oder von ihrer Ausbildung her anders gewohnt sind zu spielen.

Gegen so defensive Gegner ist das aber auch nicht leicht.

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Löw: Bei der WM war es gut, weil die Mannschaften da offen sind, da kommen Portugal, Frankreich und Ghana, da gibt’s mehr Räume zum Kontern. Gegen defensive Mannschaften wie Irland und Georgien, die mit zehn Mann herumstehen - das ist ja Feldhandball -, brauchst du die Möglichkeit, mit schnellen Leuten im 1:1 durchzubrechen. Aber diese Spieler sind nicht so geschult, und da müssen wir den Hebel ansetzen.

Sind Sie überrascht, dass es hinten raus so mühsam wurde?

Löw: So habe ich das nicht erwartet. Im September hatten wir diese Effizienz in den beiden Spielen. Das ist uns jetzt nicht gelungen, wir haben wahnsinnig viele Chancen gebraucht. Da kann man auch mal im Laufe des Spiels ein wenig den Faden verlieren.

Wie gehen Sie mit der Position des Rechtsverteidigers um, auf der Sie zuletzt viele Spieler ausprobiert haben.

Löw: Es geht da nicht um einzelne Spieler. Das ist eine Sache der ganzen Mannschaft, aus dem Halbraum in die Tiefe zu gehen. Wir brauchen, wenn wir mit einer Viererabwehr spielen, zwei, die so geschult sind. Da sehe ich einen Prozess, dass die Spieler noch dazu lernen müssen, dass man es mit ihnen trainieren muss, im richtigen Moment tief zu gehen, einen Doppelpass zu spielen oder den Ball mal außen vorbei zu legen. Matze Ginter, Emre Can und Jonas Hector sind sehr aufmerksam in der Defensive und machen das gut. Aber es fehlt der Durchbruch über Außen.