Essen. . Die Champions League ist längst der wirtschaftlich am besten gestellte und sportlich wichtigste Vereinswettbewerb der Welt, doch hat auch Tücken.

In Mailand sich nur zwischen dem Domplatz und Piazza della Scala aufzuhalten und eines der überteuerten umliegenden Restaurants aufzusuchen, wäre ein bisschen wenig. Fast alle Reiseführer empfehlen daher auch die Fahrt mit der U-Bahn bis zur Station „Lotto“, um hinter einer Kurve im Stadtteil San Siro ein weiteres Wahrzeichen zu besichtigen. Das Stadio Giuseppe Meazza, im Volksmund immer noch „San Siro“ genannt, mag in die Jahre gekommen sein, aber seine kompakte Bauweise mit den pompösen Türmen und steilen Tribünen macht es zu einem Monument der Stadion-Architektur. Am 28. Mai 2016 dient es zum vierten Mal nach 1965, 1970 und 2001 als Endstation Sehnsucht, um die wichtigste Trophäe im europäischen Vereinsfußball zu vergeben. Hier steigt das nächste Finale der Champions League.

Adriano Galliani, der Milan-Geschäftsführer, hat die Spielstätte mal unbescheiden als Scala des Fußballs und Wohnzimmer der Champions genannt. Dummerweise haben die Heimvereine AC Milan und Internazionale nicht einmal die Zulassung zum Ableger Europa League geschafft. Aber kann die Dachorganisation Uefa darauf irgendeine Rücksicht nehmen? Wohl kaum. Dass mit Juventus Turin ein Vertreter aus der Serie A es bis ins diesjährige Champions-League-Endspiel nach Berlin brachte, setzte im Grunde bereits die gültigen Spielregeln außer Kraft.

Ab dem Viertelfinale ist der Geld-Adel unter sich

„In Europa ist es faktisch unmöglich, die Champions League zu gewinnen, wer nicht zu den Top Ten der umsatzstärksten Klubs gehört“, konstatierte zu Jahresbeginn der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga (DFL), Christian Seifert. Der Beleg: In der Siegerliste tauchte in den vergangenen zehn Jahren viermal der FC Barcelona (2015, 2011, 2009 und 2006) auf, je einmal Real Madrid (2014), der FC Bayern (2013), FC Chelsea (2012), Inter Mailand (2010), Manchester United (2008) und AC Milan (2007). Die Mailänder Vereine triumphierten, als ihre Klubeigner noch die Spendierhosen anhatten. Dass sich ein Sensationscoup eines eher Minderbemittelten wie dem FC Porto 2004 auf Schalke wiederholt, dürfte ausgeschlossen sein. Aktuell braucht es ungefähr eine halbe Milliarde Euro Jahresumsatz und rund 200 Millionen Euro Personalkosten, um den Henkelpott zu holen. Tendenz steigend.

Der FC Barcelona gewann in den vergangenen zehn Jahren vier Mal die Champions League.
Der FC Barcelona gewann in den vergangenen zehn Jahren vier Mal die Champions League. © imago

An der Königsklasse mögen 32 Teams teilnehmen und neuerdings 1,257 Milliarden Euro verteilt werden, aber spätestens ab dem Viertelfinale ist der Geldadel bis auf ein, zwei Ausnahmen unter sich. Kein Wettbewerb wird so von der Wirtschaftskraft dominiert. Und die Reichen werden immer reicher: Trotz Halbfinal-Aus in der vergangenen Spielzeit hat der FC Bayern 66 Millionen Euro abgeschöpft. Die Erlöse aus der Champions League steigen schneller als die Fernsehgelder für die Bundesliga.

Einer der schärfsten Kritiker dieser Entwicklung war Heribert Bruchhagen (Eintracht Frankfurt), der oft genug davor gewarnt hat, dass die sprudelnden internationalen Einnahmen eine Gefahr für den nationalen Wettbewerb bedeuten. Vor einem Jahr formulierte das langjährige Mitglied im Liga-Vorstand seine Ansicht drastisch: „Wir kommen nie wieder in die Champions League-Ränge. Die Plätze oben sind besetzt: Bayern, Dortmund, Schalke und die Werksvereine. Die anderen Traditionsvereine können sich die Nase putzen und zwischen Platz acht und 18 spielen.“ Mittlerweile hat sich Bruchhagen auf den Sprachgebrauch verständigt, die Europa League anzustreben, die auch ein lohnendes Ziel sei.

Prämienausschüttungen um 32 Prozent gesteigert

Weil sie von der Champions League inzwischen eine beträchtliche Quersubventionierung erhält. Weltkonzerne und Fernsehanstalten stehen fast schon Schlange bei der von der Uefa beauftragten Vermarktungsagentur T.E.A.M (Television Event and Media Marketing AG) mit Sitz in Luzern. Unter deren Ägide ist monetäres Glück garantiert. An Spieltagen schwärmen die T.E.A.M.-Mitarbeiter aus, um das durchchoreografierte Package rund um die fußballerischen Hauptdarsteller abzuliefern, das lange vor Anstoß beginnt und nicht mit Schlusspfiff endet. Die Regularien sind streng, das Prozedere mühselig, die Sitzungen anstrengend, sagen Teilnehmer. Aber es lohnt sich.

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Ende März beschlossen die Klubvereinigung ECA und Uefa, die Prämienausschüttungen für den Zeitraum von 2015 bis 2018 um 32 Prozent zu steigern. Neuerdings bringt die Teilnahme an der Gruppenphase schon zwölf Millionen Euro, ein Sieg dort je 1,5 Millionen Euro, das Achtelfinale 5,5 Millionen. Die üppigen Zuwendungen aus dem Marketingstopf, die sich nach nationalen Faktoren richten, gar nicht mitgerechnet. Die Zuwendungen weist die Uefa sehr penibel aus, weniger transparent geht es in Sachen des Financial Fairplay zu.

Sanktionen gegen Machnester City und Paris St. Germain aufgehoben

Am vergangenen Freitag bestätigte die Finanzkontrollkammer, dass „nach eingehenden Untersuchungen eine Reihe von Sanktionen für Manchester City und Paris St. Germain aufgehoben sind.“ Will heißen: Die Scheich-Klubs können wieder klotzen statt kleckern. Ihre Transferausgaben – ManCity 210 Millionen Euro, PSG 118 Millionen – sind dem manischen Verlangen geschuldet, endlich einmal in der Königsklasse zu reüssieren. Nationale Erfolge gehen kaum mehr als Trostpflaster durch.

Die Champions League strahlt längst auch in kleinere Länder ab, weil deren Teilnehmer in den Meisterschaften die Machtverhältnisse zementieren. Olympiakos Piräus in Griechenland, Dinamo Zagreb in Kroatien, Schachtar Donezk in der Ukraine, neuerdings Bate Baryssau in Weißrussland können mit den eingenommenen Geldern in der Heimat unverrückbare Fakten schaffen. Damit ist nicht nur Gutes verbunden.

Beispiel Bayerns erster Gegner, der Abo-Meister aus der Hafenstadt Piräus: Ungeachtet aller finanziellen Probleme des Landes hat Olympiakos-Präsident Evangelos Marinakis wohl nicht allein 100 Millionen Euro für Spieler und Trainer ausgegeben haben, sondern der schwerreiche Reeder soll auch Funktionäre, Schiedsrichter und Verbandsangestellte beeinflusst haben. Um sicherzustellen, dass sein Klub Erster bleibt. Weil nur dann die schönen Einnahmen aus der Champions League garantiert sind.