Essen. “Ohne Holland fahren wir zur EM“, spottet es in den Medien und Sozialen Netzwerken in Richtung Oranje. Der WM-Dritte steht vor dem Aus. Doch wer ist verantwortlich für die Misere?
Nach dem 0:3-Debakel gegen die Türkei steht der niederländische Fußball am Abgrund. International verliert die Eredivisie schon länger an Boden in der Fünf-Jahreswertung der UEFA, mit dem Abschied von Louis van Gaal als Bondscoach hat die Krise auch die Fußball-Nationalmannschaft erreicht, die wahrscheinlich erstmals seit 1984 eine Europameisterschaft verpassen wird. "Die Oranje-Vorstellungen sind der definitive Stoß in Richtung Abgrund", hält das "Algemeen Dagblad" fest, auch die "Trouw" sieht aschgraue Perspektiven für den niederländischen Fußball - "auf kurze und lange Sicht".
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Wer die Schuld an der Misere trägt, ist die Frage, die die holländischen Gazetten am Montag beschäftigt. Der Finger wird dabei weniger in Richtung Mannschaft gezeigt, die holte bei der WM 2014 in Brasilien schließlich Bronze. Viel mehr stehen Trainerstab und vor allem der Verband im Kugelhagel der Kritik.
"Diese Blamage kann nicht ohne personelle Konsequenzen bleiben"
Das "AD" erkennt eine "totale Lenkerlosigkeit des niederländischen Fußballs, im wortwörtlichen Sinne", schließlich wurden zwei "planlose Verbandstrainer durch ein und dieselbe planlose Verbandsführung bestimmt." Statt Ronald Koeman, der Erfolge als Feyenoord-Coach vorzuweisen hatte und breite Zustimmung in der Bevölkerung genoss, zog der KNVB um Bert van Oostveen das Tandem Guus Hiddink und Danny Blind aus dem Hut, das im Gegensatz zu Vorgänger Louis van Gaal jedoch zu keiner Zeit ein taktisches Konzept vorzuweisen weiß, das die Unerfahrenheit und Qualitätsdefizite im Kader auffängt. Bis auf Robin van Persie und Wesley Sneijder stand gegen die Türkei kein Akteur in der Startelf, der mehr als drei Länderspieltore erzielt hatte. Einen Umbruch hatte es bereits unter van Gaal gegeben - erfolgreich.
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Der WM-Dritte ist binnen kurzer Zeit zur "Lachnummer von Europa" mutiert, reagiert "de Telegraaf" auf den Spott der internationalen Medien und der Sozialen Netzwerke, in denen sich Oranje-Fans bereits zur belgischen Mannschaft bekennen. Die Wachablösung von Hiddink zum jüngeren Blind sei wie "Blei um altes Eisen" gewesen - ein niederländisches Sprichwort für "Jacke wie Hose": "Der amtierende Bondscoach kann es als Endverantwortlicher sogar noch weniger", hält die Zeitung fest.
Sollte der EM-Zug für Oranje auch endgültig rechnerisch abgefahren sein, könne es für die Funktionäre im Verband kein Versteckspiel mehr geben. "Diese Blamage kann nicht ohne personelle Konsequenzen bleiben", so "de Telegraaf", die nicht alleine mit dieser Meinung dasteht. Doch sowohl Blind, als auch van Oostveen kündigten an, nicht zurücktreten zu wollen. Der niederländische Fußball wird also vorerst weiter in der Klemme stecken.