Olmütz. . Deutschlands U 21 verliert bei der EM im Halbfinale 0:5 gegen Portugal. Die Höhe der Pleite und ihre Art und Weise schockieren nicht nur Coach Horst Hrubesch.

Am Ende des Abends, dessen Ausgang fast allen, die ihn miterlebt hatten, unbegreiflich erschien, standen zwei Sätze: „Es müssen sich nicht alle, aber einige bei uns hinterfragen, ob ihre Vorbereitung auf dieses Halbfinale so professionell war, wie es erforderlich gewesen wäre. Deutlicher kann ich nicht werden.“ Matthias Ginter, der Dortmunder Stopper, hatte dies nach dem 0:5 der deutschen U-21-Nationalelf gegen Portugal gesagt. Es war nicht nur das EM-Aus im Halbfinale und die höchste Niederlage in der Geschichte der U 21, es war erschreckend, wie das Team die Segel strich.

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Weil Ginter seine wuchtige Aussage nicht präzisierte, wurde schnell etwas hineingeheimnist. Was könnte er gemeint haben? Waren die Jungs am Vorabend in Olmütz unterwegs – frei nach der Devise: Wer weiß, ob‘s morgen noch etwas zu Feiern gibt?

Nur wenig später trat Emre Can nach überstandener Dopingprobe vor die Medien. Was er sagte, brachte etwas Licht in die eigenartig hohe Niederlage des DFB-Teams. Und seine Erklärungen halfen auch, zu verstehen, was Ginter etwas verklausuliert ansprechen wollte.

Can: "Ich habe heute nicht alles gegeben“

Can hatte nämlich nicht gewusst, wie ihm geschah. Auf dem Spielfeld hatte er sich ständig im Gesicht herum getätschelt, sich leicht auf die Wangen geschlagen – als müsse er sich klar machen, was geschieht, als denke er: „Ich bin im falschen Film“, wie Coach Horst Hrubesch sagte. Deutlich wurde gegenüber sich selber: „Vielleicht habe ich vor dem Spiel gedacht, ich bin der Größte. Ich bin zwei Wochen viel gelobt worden.“ Das bekam ihm nicht: „Auch vom Kopf her muss ich wieder auf den Boden kommen. Ich habe heute nicht alles gegeben“. Es geschieht selten, dass sich ein Spieler öffentlich derart in die Pflicht nimmt. Verdrängen, wegschieben, das ist bei nicht wenigen der Mechanismus, der in solchen Situationen greift.

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Can schien nicht allein gewesen zu sein mit dem Gefühl, ein kommender Champion zu sein: „Vielleicht dachten wir, wir sind die Besten als Mannschaft. Vielleicht haben wir das zu locker genommen, keine Ahnung. Wir sind alle junge Menschen, wenn man immer Lob kriegt, immer Lob, dann denkt man vielleicht: Man ist schon ein Großer.“ Joshua Kimmich, den der FC Bayern unter Vertrag genommen hat, sagte: „Jeder Einzelne muss sich fragen, was los war.“

Aber genügt dies als Erklärung für ein solches Ergebnis? Oder steckt noch mehr dahinter? Man könnte ja mal beim Gegner anfangen und festhalten, dass der wirklich brillant war – angetrieben von Wiliam Carvalho im Mittelfeld, dem besten Spieler der EM, einem Strategen, wie er jedem Spitzenklub guttun würde. Und nüchtern betrachte kann man nur sagen: Ein Sieg der Deutschen wäre unwahrscheinlich gewesen. Erst die Höhe macht das Aus zum Ereignis.

Nicht klar genug geredet

„Wir hätten viel mehr und viel klarer miteinander reden müssen“, sagte Horst Hrubesch. Das sei das „einzige Manko“ des Teams gewesen. Es ist ein bemerkenswerter Satz. Denn wenn jemand sagt, man habe nicht klar miteinander geredet, dann bedeutet dies, dass allerlei unklar geblieben ist. Und so hat es seinen Sinn, dass Hrubesch bei sich ansetzt und sich „20, 30 Mal hinterfragt.“ Nicht auszuschließen, dass das Debakel lange nachwirkt: „Da nimmt jeder etwas mit.“