Barcelona. . Der langjährige Barca-Coach kennt bei seiner emotionalen Rückkehr nach Barcelona mit dem FC Bayern nur ein einziges Ziel: „Ich will gewinnen“.

Es ist logisch und komisch zugleich, dass man ausgerechnet auf alten Fotos jünger aussieht. Spaniens Zeitungen präsentieren am Dienstag eine Reihe von Bildern, auf denen Pep Guardiola als Spieler im Trikot des FC Barcelona zu sehen ist: mit Haaren auf dem Kopf und nicht im Gesicht. Der 44-Jährige, der nun erstmals als Trainer einer Gastmannschaft zu dem Verein zurückkehrt, dem er sich schon mit 13 Jahren anschloss, sieht anders aus: Er trägt einen angegrauten Bart, und oben reicht Politur zur Pflege.

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Die rund 50 Fußballfans und vier Kamerateams, die bis 14 Uhr am Flughafen Barcelona-El Prat auf die verspätete Lufthansa-Maschine aus München warten und hoffen, selbst Bilder einfangen zu können, ziehen enttäuscht wieder ab: Der vorgereiste Mannschaftsbus des FC Bayern darf neben dem Ankunftsterminal durch ein großes graues Tor fahren, das geschlossen und erst wieder geöffnet wird, als das mittlerweile mit hochbegabten Fußballern gefüllte Gefährt herausrollt und von der Polizei zum Teamhotel eskortiert wird. Die Fans winken dennoch fröhlich, doch zu erkennen ist kein Spieler und auch kein Guardiola.

Auf Guardiola wartet ein Auswärtsspiel dahoam

Der Fußballlehrer steht an diesem Mittwoch vor einer riesigen sportlichen und mentalen Herausforderung, vor einer Reise ins Ich. Im Halbfinal-Hinspiel der Champions League stehen sich der FC Barcelona und der FC Bayern München gegenüber (20.45 Uhr/LIVE bei uns im Ticker). Und als sei es nicht schon reizvoll genug, wenn in einer solchen Partie mit dem Gütesiegel 1a Giganten wie die Angreifer Lionel Messi, Neymar und Luiz Suárez auf all die deutschen Weltmeister im Münchener Trikot treffen, erhält diese Begegnung noch eine ganz besondere Note durch die Beteiligung des katalanischen Trainers des FC Bayern: Dies ist das Spiel des Pep Guardiola. Auswärtsspiel dahoam.

Die spanische Zeitung „Sport” schreibt: „Guardiola ist nicht mehr der, den wir kennen” – meint damit aber nicht die Optik, sondern die Gestik. „Er ist unruhiger als je zuvor”, versichern die Berichterstatter. Aber ist das ein Wunder, dass er nicht wie die personifizierte Gelassenheit wirkt, als er am späten Nachmittag in Barcelonas Fußball-Heiligtum im leuchtend roten Trainingsdress vor den Medien sitzt? Der Presseraum des Camp Nou ist hoffnungslos überfüllt. Alle wollen wissen, wie er sich fühlt, was er jetzt denkt.

„Es ist wunderschön, zurückzukommen,” sagt er und geht schnell zur sportlichen Betrachtungsweise über: „Barcelona und Bayern sind zurzeit die besten Mannschaften in Europa. Es wird nicht einfach.”

14 Titel als Barcelona-Trainer

Guardiola könnte niemandem glaubhaft versichern, es berühre ihn nicht, nach Hause gekommen zu sein. In das Stadion, in dem der kleine Josep einst als Balljunge die Stars der Achtziger bewunderte. Zu dem Klub, bei dem er eine glänzende Spielerkarriere verbrachte und den er als Trainer zwischen 2008 und 2012 zu sagenhaften 14 Titeln führte. Aber er muss natürlich Profi sein. „Ich bin Trainer von Bayern München, und ich muss meine Arbeit machen. Ich kann versichern: Ich habe mich nicht einen Augenblick ablenken lassen.” Er wird auf ewig Barça-Fan bleiben, aber an diesem Abend und im Rückspiel am Dienstag in München will er allen anderen Blaugrana-Fans Seelenqualen verschaffen. „Barcelona war alles für mich”, sagt er und wiederholt sich dann bewusst: „Aber ich will gewinnen. Kein Zweifel: Ich will gewinnen!”

Es ließe sich annehmen, so ein Erfolgstyp sei von Geburt an teflonbeschichtet. Doch dieser Kontrollfreak hat durchaus eine weiche Seite. Menschen, die Guardiola und seine Detailbesessenheit kritisch beäugen, behaupten, er throne auf dem Mount Ego. Für seine Spieler aber macht er sich stark, und dabei zittert schon mal seine Stimme.

Der Meister-Titel ist nicht genug

Guardiola agiert trotz seiner strategischen Disziplin und des Strebens nach Perfektion mitunter extrem emotional. Jetzt, da der Meistertitel im Vorbeigehen mitgenommen wurde, der Pokal nicht mehr greifbar ist und die Hürde Barcelona genommen werden muss, erreicht der Druck auf den Trainer des FC Bayern Messwerte, die ins Unerträgliche ausschlagen. Das aber wusste der 44-Jährige, als er sich die Mission München antat: Dass sie ihn nicht verpflichtet hatten, um lediglich wieder Deutscher Meister zu werden.

Guardiolas Vertrag läuft bis 2016, aber was heißt das schon? Die Bayern könnten es nicht ertragen, wenn sie auch in dieser Saison im Halbfinale gedemütigt würden wie vor einem Jahr beim 0:4 in München gegen Real Madrid. Diese Schmach schmerzt noch in Guardiolas Innerstem, er verknüpfte sie mit drastischen Selbstvorwürfen („Der größte Mist, den ich als Trainer je gemacht habe”), er will sie unbedingt tilgen.

Wir ahnen allerdings, was geschähe, wenn sich Ähnliches wiederholen würde. Und er, das dürfte sicher sein, ahnt das auch. Beim Abschlusstraining am Abend schaut er kurz die Ränge des Camp Nou hinauf. Hätten die 99 354 Sitze Namen, er würde sie alle kennen. Auf den Fotos, die am Donnerstag veröffentlicht werden, sähe er sich gern als Triumphator. Der Heimatliebe zum Trotz.